Güterbahn und Energieeffizienz

Güterverkehr ist auch gegenüber einem künftig emissionsfreien Straßengüterverkehr hinsichtlich des Energieverbrauchs überlegen. Der Deutschlandtakt trägt zu diesem Vorteil gezielt bei.

Für den Güterverkehr auf der Schiene lassen sich Daten über den Energieverbrauch genauso wenig finden wie für den Personenverkehr. Daten aus dem Geschäftsbericht der DB lassen erkennen, dass für einen Kilometer Traktion über den gesamten Konzern hinweg etwas über 10 kWh Energie eingekauft wurde. Stellt man dies dem Verbrauch von Lkw gegenüber, so ist der Energievorteil eines ordentlich ausgelasteten Güterzuges auch ohne genauere Zahlen ablesbar. Für Diesel-Lkw werden 25 Liter Diese je 100 km angegeben, das entspricht 2,5 kWh aus fossiler Quelle je Kilometer. Für Elektro-Lkw wird der Verbrauch mit 1 bis 1,5 kWh angegeben, der Elektro-Lkw verkleinert also den Energie-Vorsprung des Güterzuges, verschleißt aber Batterien, die der Güterzug unter Fahrdraht nicht benötigt. Der Wasserstoff-Lkw hat einen deutlich höheren Energieverbrauch, was an der geringen Effizienz der Brennstoffzelle liegt: Angegeben werden Verbrauchswerte von etwa 6 kg Wasserstoff/100 km = 2 kWh/km. Darin ist der Energieverlust bei der Herstellung aus grünem Strom noch nicht enthalten. > Weiterführende Quelle (deutsch), Originalquelle (englisch).

Der Deutschlandtakt trägt zur Effizienz des Energieverbrauchs im Güterverkehr bei, indem Fahrpläne für den Güterverkehr in die Gesamtfahrpläne integriert werden. Vorrangiges Ziel ist die Kürzung der Transportzeiten und damit die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Erreicht wird die Kürzung der Transportzeiten durch weniger Überholungen, womit zugleich Energie für das Anfahren eingespart wird. Diese Verbesserung gelingt aber nicht in jedem Fall, da nicht auf allen Strecken schnellerer Fernverkehr und langsamerer Güterverkehr getrennt werden kann.

Deutschlandtakt, Neubaustrecken und Klimaschutz

Der Deutschlandtakt sieht mehrere Neubaustrecken für Hochgeschwindigkeit vor. Hochgeschwindigkeit ist selbst kein Problem des Klimaschutzes. Der Betrieb auf Neubaustrecken ist genauso Energie-effizient wie der Betrieb auf Bestandsstrecken. Die Verwendung von Beton erzeugt hingegen CO₂. Der Einsatz dieser Ressource. Rechnet sich aber im Ergebnis durch eine höhere Verlagerung von weniger Energie-effizienten und weniger ökologischen Verkehrsmitteln insbesondere dort, wo Fernverkehr von Bestandsstrecken auf Neubaustrecken verlagert wird.

Neubaustrecken statt Ausbau von Bestandsstrecken

Die größten Neubauprojekte des Deutschlandtakts sollen Engpässe beseitigen: Hamburg – Hannover, Hannover – Bielefeld, Bad Hersfeld – Fulda – Frankfurt – Mannheim – Karlsruhe, Würzburg – Nürnberg, Brenner-Nordzulauf. Engpässe können im Prinzip auch durch den Ausbau von Bestandsstrecken beseitigt werden, erreichen aber in der Regel nicht den gleichen Fahrzeitgewinn. Die Reduzierung dieser Frage auf die des CO₂-Ausstoßes und des Energieverbrauchs ist eine unzulässige Verkürzung der Zusammenhänge und Wirkungen.

Hochgeschwindigkeit ist kein Stromfresser

Verfügbare Einzeldaten aus Deutschland, aber auch die Darstellung zum Energievergleich in der Studie zum TGV Lyria lassen erkennen, dass der Stromverbrauch des Hochgeschwindigkeitsverkehrs verantwortbar ist.
Einmal beschleunigen, dann lange gleichbleibend fahren ist weitaus sparsamer als ständiges Abbremsen und erneutes Beschleunigen. Dies gilt erst recht für Neubauprojekte, die derzeit in Planung sind und Steigungen von nur 8 bis 12,5 Promille aufweisen sollen. Bestandsstrecken erfordern eine wenig energiesparende Fahrweise. Kaum eine Ausbaustrecke kann die gleichmäßige Fahrt erreichen – oder nur um den Preis grober Eingriffe in die Bausubstanz von Städten und Gemeinden.

Beton und CO₂-Bilanz

Der chemisch bedingte Ausstoß von CO₂ im Prozess der Erzeugung von Beton ist unvermeidbar. Dieser Ausstoß von CO₂ macht – bezogen auf klassische Rechnungen – zwei Drittel des gesamten Ausstoßes aus. Das letzte Drittel wird durch thermische Prozesse erzeugt, die durch erneuerbare Energien geleistet werden können, sodass – je nach Zeitpunkt des Baues und Fortschritt der Entwicklung erneuerbarer Energien von den üblicherweise genannten Werten bis zu ein Drittel abzuziehen ist.
Auch der Ausbau der Bestandsstrecken erzeugt CO₂. Generalisierte Aussagen für die CO₂-Bilanz verbieten sich daher. Nur detaillierte Gegenüberstellungen können Auskunft geben.

Nahverkehr und Fernverkehr: Energie und CO₂

Eine generelle Aussage, ob der Einsatz von Geld und CO₂ für den Bau besser für den Fern- oder Nahverkehr verwendet sei, ist ebenfalls unzulässig. Beachtlich ist dabei, dass die Effekte der Verlagerung vom Pkw auf die Bahn im Fernverkehr, bezogen auf einen Kilometer Neubau – größer sind als für Nahverkehrsprojekte. Sichtbar wird dies bei einem Vergleich der Querschnittsbelastung und Länge der Strecken. Nur im Kern der Ballungen werden so hohe Querschnittsbelastungen erreicht wie auf Neubauten für den Fernverkehr (Abschlussbericht Deutschlandtakt S. 149 und 151). Zumeist ist ein Bau im Kern der Ballungen nicht nur relativ teurer, sondern auch mit weitaus höheren CO₂-Belastungen verbunden, da Tunnelbauten unvermeidlich sind. Erst Betrachtungen des Einzelfallkönnens hier Aufschluss geben. Gleichwohl ist die Einsparung an Energie auch für den Nahverkehr gegenüber dem Pkw hoch und Investition, auch von CO₂-Ausstoß für den Nahverkehr gerechtfertigt.

Deutschlandtakt, Hochgeschwindigkeit und Klimaschutz

Grüner Strom verändert Berechnungen:
Hochgeschwindigkeitszüge fahren genauso mit grünem Strom wie langsamere Züge und damit klimaneutral. Die Verlagerung von Pkw-Verkehr auf die Schiene spart Ressourcen: Energie, Rohstoffe, Flächenversiegelung, Zeit. Dieser Effekt steigt mit der Geschwindigkeit der Eisenbahn überproportional.
Der Deutschlandtakt setzt auf Höchstgeschwindigkeiten von 300 km/h auf vielen Streckenabschnitten. Theoretisch steigt damit auch der Energieverbrauch. Die Behauptung, dies sei klimaschädlich, erweist sich bei allen relevanten Aspekten als unhaltbar. Statistische Vergleiche über den Energieverbrauch von Verkehrsmitteln erzeugen ein Bild, das wichtige Aspekte ausblendet.

Bis 2040 soll der Ausstoß von CO₂ bei der Produktion von Strom stark vermindert werden. Für 2050 soll Strom ausschließlich aus erneuerbaren Quellen kommen (Umweltbundesamt, Energieziel 2050). Wenn dies gelingt, wird das Argument gegenstandslos, dass ein Zug mit 300 km/h dem Klima schaden würde, weil er mehr Strom verbraucht. Ob schnell oder langsamer, der Zug wird mit grünem Strom fahren.
Im Jahr 2040 wird es nicht mehr vorrangig um CO₂ gehen, sondern um andere Ressourcen, mit denen sparsam umgegangen werden muss: um seltene Erden, andere Rohstoffe, um Platz auf Autobahnen, Straßen und in Städten und die Versiegelung von Flächen. Energie-Effizienz ist dann wichtiger, denn die Erzeugung auch von grünem Strom verbraucht Ressourcen. Bei allen Themen hat nach dem Stande der Technik die Eisen-Bahn gegenüber dem Auto mit Lithium-Batterie und Gummireifen die Nase vorn. Zwar wiegt ein Platz im Hochgeschwindigkeitszug mehr als im Pkw, leistet aber ungleich mehr Personenkilometer, bevor Recycling ansteht.

Hochgeschwindigkeit und Ressource Zeit

Für die individuelle Wahl des Verkehrsmittels spielt aber weiterhin die Ressource Geld und Zeit eine wesentliche Rolle. Hochgeschwindigkeit spart Zeit und erleichtert die Entscheidung für die Bahn. Gut abzulesen ist dies beim Vergleich der Nachfrage für die geplante Neubaustrecke Würzburg – Nürnberg mit einer halben Stunde Fahrzeitgewinn: Auf der Strecke selbst soll die Nachfrage um über 35 % steigen. Die Fahrzeitverkürzung strahlt weit aus und beschränkt sich nicht auf den Streckenabschnitt, auf dem für die Fahrt mehr Energie eingesetzt wird. Auf der angrenzenden Strecke Fulda – Würzburg, auf der die Fahrzeit fast gleich bleiben soll, strahlt diese Fahrzeitverkürzung mit einem Zuwachs von15 % aus (Abschlussbericht Deutschlandtakt S. 148 und 150).

Auszug aus der Prognose für den Bundesverkehrswegeplan 2030 (ohne Ausbaumaßnahmen im angezeigten Bereich) und mit einer Fahrzeitverkürzung Nürnberg – Würzburg um ca. 30 Minuten und Nürnberg – Aschaffenburg um ca. 36 Minuten. Der Fahrgastzuwachs von 3,2 Mio. Fahrgästen pro Jahr durch die Neubaustrecke Nürnberg – Würzburg strahlt mit 0,7 Mio. Fahrgästen in Richtung Fulda und weiter, mit 2,2 Mio. Fahrgästen in Richtung Frankfurt – Rhein/Ruhr aus.

Energiewirksamkeit individueller Entscheidungen

Wer seinen Pkw stehen lässt, spart persönlich 100 % Energie. Diese Entscheidung, stattdessen mit der Bahn zu fahren, verursacht dadurch nicht zwangsläufig zusätzlichen Energieverbrauch bei der Bahn, wie es die Statistik suggeriert. Erst wenn viele umsteigen, steigt der Energieverbrauch für zusätzliche Angebote. Erst wenn die Kapazitätsgrenze erreicht wird, müssen zusätzliche Züge eingesetzt werden. Doppelstockzüge, längere Züge und längere Bahnsteige verbrauchen weniger Energie als ein zusätzlicher Zug.Energievergleiche eignen sagen also wenig darüber, welche Wirkung die Fahrt mit der Bahn für den Energieverbrauch wirklich hat.

Bahn und Gesellschaft:
Energievergleiche vergleichen Unvergleichbares

Statistische Vergleiche zum Energieverbrauch unterschlagen einen wichtigen Einflussfaktor: die gesellschaftliche Entscheidung für eine Bahn, die am Gemeinwohl orientiert ist, senkt den Auslastungsgrad. Diese Entscheidung, die in Artikel 87e Absatz 4 des Grundgesetzes steht, gilt auch für den Fernverkehr und prägt den Deutschlandtakt: Der Deutschlandtakt ist angebotsorientiert und setzt voraus, dass das Grundnetz, das die Taktkonten bedient, den ganzen Tag über zur Verfügung steht. Das drückt den Auslastungsgrad auf Größenordnungen von 50 bis 60 Prozent. Nachfrageorientierte Angebote im Flugverkehr, beim fraStatistische Vergleiche unterschlagen einen wichtigen Einflussfaktor: die gesellschaftliche Entscheidung für eine Bahn, die am Gemeinwohl orientiert ist, senkt den Auslastungsgrad. Diese Entscheidung, die in Artikel 87e Absatz 4 des Grundgesetzes steht, gilt auch für den Fernverkehr und prägt den Deutschlandtakt: Der Deutschlandtakt ist angebotsorientiert und setzt voraus, dass das Grundnetz, das die Taktkonten bedient, den ganzen Tag über zur Verfügung steht. Das drückt den Auslastungsgrad auf Größenordnungen von 50 bis 60 Prozent. Nachfrageorientierte Angebote im Flugverkehr, beim französichen TGV oder etwa bei Flixtrain steigern die Auslastung auf Werte von 70 bis 80 Prozent. Ein Mehrverbrauch an Energie für die Sicherung der Teilhabe ist unvermeidlich. Kein anderes Verkehrsmittel, mit dessen Energieverbrauch verglichen wird, unterliegt dieser Anforderung. So gesehen hinkt jeglicher Energievergleich.nzösichen TGV oder etwa bei Flixtrain steigern die Auslastung auf Werte von 70 bis 80 Prozent. Ein Mehrverbrauch an Energie für die Sicherung der Teilhabe ist unvermeidlich. Kein anderes Verkehrsmittel, mit dessen Energieverbrauch verglichen wird, unterliegt dieser Anforderung. So gesehen hinkt jeglicher Energievergleich.

Der statistische Vergleich zum Elektro-Pkw

Statistiker vergleichen den Energieverbrauch der Verkehrsmittel. Ein eindrucksvolles Ergebnis zeigt eine Studie zum TGV Lyria. Mit hoher Auslastung, die durch ein bedarfsorientiertes Angebot und Doppelstockzüge möglich wird, kommt der TGV auf Werte, die der deutsche Hochgeschwindigkeitsverkehr nicht erreicht, weil er angebotsorientiert gestaltet wird (siehe vorstehendes Kapitel).
Für Deutschland fehlen solche Vergleiche. Hier macht es die Deutsche Bahn denen, die für sie argumentieren wollen, sehr schwer. Über konkrete Daten verfügt nicht einmal die DB, wie der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages erfuhr. Daten müssten im Einzelfall experimentell erhoben werden. Das wäre kein Problem, denn die verbrauchte Energie und sogar die Rückspeisung werden im Fahrzeug erfasst und im Führerstand angezeigt, aber die Auswertung ist Betriebsgeheimnis. Die Angaben der DB, mit der sie sich als klimafreundliches Verkehrsunternehmen darstellt, sind nur grobe Schätzungen.
Einige konkrete Daten, die Lokführer berichten oder Fahrgäste ausgespäht haben, geben wichtige Hinweise. Einen Railjet kann man von Wien nach Graz mit 10 kWh je Kilometer fahren. Eine ICE 3-Einzeltraktion kommt von Nürnberg nach München mit 12 kWh/km, eine ICE-Doppeltraktion kann von Frankfurt nach Nürnberg über 40 kWh/km verbrauchen. Setzt man alle Mosaikstücke, die im Netz zu finden sind, zusammen, so kommt man auf Werte von 3 bis 4 kWh je 100 Personenkilometer. Ein Elektro-Pkw kommt hingegen auf Verbrauchswerte von 14 bis 28 kWh je 100 Pkm (Quelle: ADAC 2022). Vergleichen sie dazu auch diese Quelle. Wenn man diesen Verbrauch auf die für den Fernverkehr üblicherweise angesetzten 1,5 Personen je Fahrzeug umlegt, wird sichtbar, dass jeder Elektro-Pkw das Drei- bis Fünffache dessen verbraucht, was ein ICE benötigt. Selbst bei Hochgeschwindigkeit ist die Differenz so groß, dass unter dem Strich die schnelle Fahrt auch klimapolitisch ihre Berechtigung behält.

Flugverkehr und Deutschlandtakt

Jeder aus der Luft auf die Schiene verlagerte Flug ist ein ökologischer Gewinn. Auch „grüner“ Treibstoff für Flugzeuge bleibt klimaschädlich. Kürzere Fahrzeiten durch Hochgeschwindigkeitsverkehr wirken ökologisch und politisch für den Klimaschutz.

Der Zielfahrplan des Deutschlandtakts ermöglicht die Verkürzung von Fahrzeiten zwischen vielen Metropolregionen auf unter 4 Stunden. Die Fahrzeit mit der Bahn für die längste wichtige innerdeutsche Flugverbindung Hamburg – München soll auf 4 Stunden 15 Minuten sinken.
Der Deutschlandtakt soll 300 Mio. Personenkilometer aus der Luft auf die Schiene verlagern (Abschlussbericht S. 156). Das ist nur ein sehr kleiner Anteil des innerdeutschen Luftverkehrs, so dass auf den ersten Blick mit viel Aufwand wenig erreicht wird. Genauer betrachtet nützt aber jeder eingesparte Flug dem Klima.
Ökologisch: Selbst wenn der Treibstoff für Flugzeuge aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden könnte, sind die Umweltwirkungen des Flugverkehrs ungleich gravierender als die der Eisenbahn. Denn für erneuerbare Energie wird CO₂ am Boden entnommen und in die obere Atmosphäre gebracht. Daneben werden auch Stickoxide und Wasserdampf in der oberen Atmosphäre frei. Die Klimawirkung in der oberen Atmosphäre wird sehr viel kritischer beurteilt als der Ausstoß von CO₂ am Boden. Weitere Informationen hier und hier.
Politisch: Erst die schnelle Bahn ist eine Alternative zum Fliegen, und erst die Alternative macht es politisch möglich, die Verlagerung mit Steuern und Abgaben zu unterstützen oder mit Verboten zu erzwingen.
Verlagerung hochwirksam: Flugverkehr wird sehr flexibel organisiert. Der hohe Kostenanteil, den Treibstoff und Personal an den Gesamtkosten ausmachen, führt zu sehr raschen Änderungen der Flugpläne, wenn die Nachfrage sich verändert. Die individuelle Entscheidung, statt des Flugzeugs ein anderes Verkehrsmittel zu nutzen, ist daher sehr viel wirksamer als bei der Eisenbahn.
Verlagerung spart besonders viel Energie:
Die Verlagerung erzeugt keinen oder nur einen sehr geringen Mehrverbrauch an Energie bei der Eisenbahn. Das liegt daran, dass die Kapazität des Fernverkehrs gemäß Deutschlandtakt so groß ist, dass in der Regel Fluggäste in den gleichen Zügen befördert werden können, die ohnehin als Grundtakt vorgesehen sind. Würden alle Fluggäste umsteigen müssen, so wären es je Zug im Durchschnitt nicht mehr als 100 zusätzliche Fahrgäste. Selbst einige Sprinter zu Spitzenzeiten verbrauchen weniger Energie als die eingesparten Flüge.

Die Bedeutung der Neubaustrecke Hannover – B-Hamburg für NRW

Die Bedeutung der Neubaustrecke Hannover – Hamburg für Nordrhein-Westfalen wird weit unterschätzt.

>> Zur vollständigen Dokumentation (4 MB)

Über die Neubaustrecken Bielefeld – Hannover – Hamburg wird sich die Fahrzeit Rhein/Ruhr – Hamburg um eine halbe Stunde verkürzen. Für Hamm und Bielefeld wird es die einzige Direktverbindung nach Hamburg sein, die die Fahrzeit um bis zu 53 Minuten gegenüber Umsteigeverbindungen verkürzt.

Dem liegt eine geniale Idee zur Infrastruktur zugrunde – eine Verbindungskurve im Stadtgebiet Hannover –, die aber mit groben Mängeln beim Fahrplan umgesetzt wurde:

Die schnelle Verbindung über diese Verbindungskurve soll aber nur jede 2. Stunde angeboten werden und in Bielefeld durchfahren.

Dieses geringe Angebot ist von den Gutachtern des Deutschlandtakts nicht hinterfragt worden. Zwar hat der Gutachter SMA den Fahrplan für Stundentakt errechnet, es fehlt aber jede Begründung, warum der Stundentakt nicht in den Zielfahrplan übernommen wurde.
Mit einem zu erwartenden Potenzial von 3 Millionen Fahrgästen pro Jahr ist ein Stundentakt gerechtfertigt. Ein Halt in Bielefeld erschließt 1,4 Mio. Einwohner in Richtung Hamburg.

Durch das geringe Angebot wird die Landeshauptstadt Düsseldorf und Ostwestfalen-Lippe besonders benachteiligt.
Die Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Flugverkehr von Düsseldorf und Köln nach Hamburg ist mit dem vorliegenden Zielfahrplan 2030+ nicht gewährleistet.


Zielfahrplan Deutschlandtakt: Große Fahrplanlücken und unübersichtliche Abfahrten


Der Einzugsbereich des Bahnhofs Bielefeld wurde ignoriert: 1,4 Millionen Einwohner würden eine Direktverbindung nach Bielefeld mit kurzer Fahrzeit nutzen können.

Fahrplantechnisch ist sowohl ein Stundentakt als auch ein Zwischenhalt in Bielefeld mit dem 3. Entwurf des Zielfahrplans für den Deutschlandtakt vereinbar. Alternativen sind fahrplantechnisch machbar.

>> Zur vollständigen Dokumentation (4 MB)

Entwicklung der Zielfahrpläne zum Deutschlandtakt

zur Verbindung Köln – Ruhrgebiet – Hamburg

In vier Stufen hat das Gutachterbüro SMA, Zürich, zusammen mit anderen Gutachtern den Zielfahrplan für den Deutschlandtakt entwickelt. Die Fahrplanzeichnungen sehen sehr ähnlich aus, unterscheiden sich aber.

Der Bundesverkehrswegeplan 2030

aus dem Jahre 2016 sah zwischen Bielefeld und Hannover eine Aus- und Neubaustrecke mit einer Fahrzeitverkürzung von etwa 8 Minuten auf der Basis einer Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h vor. Es sollten 3 Züge innerhalb von 2  Stunden ohne Halt von Bielefeld nach Hannover verkehren. Für die Verbindung Hamburg – Hannover war die Planung „Alpha E“ mit der Führung des Fernverkehrs über die Bestandsstrecke vorgesehen. Für die Verbindung Ruhrgebiet – Hamburg war keine Verbesserung vorgesehen.
Der auf dieser Basis erstellte „Zielfahrplans 2030“ zeigte auf, dass eine sinnvolle Optimierung von Anschlüssen nicht möglich war.

Auszug aus dem „Zielfahrplan 2030“, Grundlage Bundesverkehrswegeplan, 2017.

Der 1. Entwurf des Zielfahrplans (2018)

sah eine Neubaustrecke Bielefeld – Hannover mit einer Fahrzeit von 31 Minuten und einem Halbstundentakt vor. Erst kurz vor Veröffentlichung dieses Entwurfs wurde die Höchstgeschwindigkeit für die Verbindung Köln – Ruhrgebiet – Berlin auf 300 km/h heraufgesetzt, weil sich herausgestellt hatte, dass für 250 km/h die Verbindung nicht mit den Anforderungen des integralen Taktfahrplans in Einklang zu bringen war.
Für die Verbindung Hamburg – Hannover wurde eine Neubaustrecke nördlich von Celle zugrunde gelegt. Die Fahrzeit Hannover Hbf – Hamburg Hbf sollte auf 67 Minuten gekürzt werden.


Auszug 1. Entwurf Zielfahrplan Deutschlandtakt, 2018.

Der 2. Entwurf des Zielfahrplans (2020)

berücksichtigte erstmals den Güterverkehr und Züge für Wettbewerbern der Deutschen Bahn, die Angebote für preissensible Reisende machen wollen. Die Infrastruktur für Bielefeld – Hannover und Hannover – Hamburg blieb gegenüber dem 1. Entwurf unverändert. Das Angebotskonzept für Hannover – Hamburg wurde dahin geändert, dass halbstündlich Züge in Richtung Frankfurt angeboten werden, während von München zweistündlich ohne Zwischenhalt und zweistündlich über Celle, Uelzen und Lüneburg gefahren werden soll. Damit wuchs die Anzahl der Züge zwischen Hamburg und Hannover über die Neubaustrecke auf je Richtung 6 Züge in 2 Stunden.


Auszug zweite Entwurf Zielfahrplan Deutschlandtakt 2018. Auszug 2. Entwurf Zielfahrplan Deutschlandtakt, 2020.

Der 3. Entwurf des Zielfahrplans (2021)

behält das Angebotskonzept des zweiten Entwurfs bei, sieht aber nunmehr eine Neubaustrecke zwischen Hamburg und Hannover für 300 km/h vor und verkürzt die Fahrzeit von Hannover nach Hamburg Hauptbahnhof auf rund 1 Stunde. Zwischen den beiden Neubaustrecken wird eine Verbindungskurve eingefügt (Kapitel 5.) für eine beschleunigte Verbindung NRW – Hamburg (FV 29 a, Kapitel 4.). Damit wächst die Anzahl der Züge ohne Halt zwischen Hamburg und Hannover je Richtung auf 7 Züge in 2 Stunden.
Wenn die schnellste Verbindung zwischen Hamburg und NRW auf Stundentakt verdichtet wird, wächst die Anzahl der Züge auf 8, wenn die Verbindung Hamburg – München auf Stundentakt verdichtet wird (mit der Neubaustrecke ist dieser Weg eindeutig schneller als über Berlin), auf 9 Züge je Stunde und Richtung.


Auszug 3. Entwurf Zielfahrplan Deutschlandtakt, 2021.

Haben Sie Fragen, die hier nicht beantwortet werden?
Schreiben Sie an frage@neubaustrecke-bielefeld-hannover.de.

Ausbau Löhne – Hamelnstatt Neubaustrecke?

Ist der Ausbau der Strecke Löhne – Hameln eine geeignete Alternative zur Neubaustrecke Bielefeld – Hannover?

Nein. Der Grund liegt wesentlich in der Belastung der Anschlussstrecken und dem unzureichenden Ausbauzustand des Knotens Hameln und der Abzweigungen südlich von Hannover. Die mit dem Streckenausbau geschaffene zusätzliche Kapazität kann in den Knoten und Anschlussstrecken nicht aufgenommen werden. Der Ausbau der Knoten und der Anschlussstrecken mit kreuzungsfreien Führungen der Schienenwege ist dem Bau einer Neubaustrecke wirtschaftlich und ökologisch nicht überlegen.

Die Bahnlinie Löhne – Hameln

diese Bahnlinie ist ein Teil der historisch wichtigen Umfahrung von Hannover. Die zu dieser Gesamtlinie gehörenden Streckenabschnitte von Wolfsburg über Braunschweig und Hildesheim bis Nordstemmen sind elektrifiziert und zweigleisig, der Abschnitt Wolfsburg – Braunschweig wird derzeit auf zwei Gleise ausgebaut. Der Abschnitt Elze – Hameln ist zur Elektrifizierung vorgesehen, soll jedoch nicht zweigleisig ausgebaut werden, sondern lediglich zwei Begegnungsabschnitte erhalten. Nur für den Abschnitt von Hameln bis Löhne gibt es derzeit keine Pläne für einen Ausbau. Lediglich der Bundesverkehrswegeplan nennt die Strecke als weiteren Bedarf.
Der Ausbau auf zwei Gleise und die Elektrifizierung dieses Streckenabschnitts sind nicht grundsätzlich ein großes Problem. Es ist zu beachten, dass die Wiederherstellung der Zweigleisigkeit und die Elektrifizierung eine Nutzungsänderung darstellt, die erfordert, dass hierfür ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden muss und sämtliche aktuellen Natur- und Lärmschutzbestimmungen eingehalten werden müssen. Insbesondere im Bereich des Kuhgebiets von Bad Oeynhausen ist insoweit mit besonderen Schwierigkeiten und Auflagen zu rechnen.

Die Kapazität der Knoten und Anschlussstrecken Richtung Hannover

Die Strecke Löhne – Hameln würde bei zweigleisigem Ausbau eine hohe Streckenkapazität zur Verfügung stellen. diese hohe Kapazität kann aber von den Knoten Hameln und den Anschlussstrecken nicht aufgenommen werden.
Der Bahnhof Hameln ist eine ebenerdige Kreuzung der Ost-West-Strecke von Löhne nach Braunschweig mit der Nord-Süd Strecke von Hannover nach Altenbeken. Die Kapazität ist vergleichbar mit einer Ampel-geregelten Kreuzung von zwei Landstraßen: Es kann immer nur in einer Richtung gefahren werden. Die Nord-Südstrecke ist nicht nur durch stündlich drei S-Bahnen von Hannover bis Bad Pyrmont bzw. Paderborn in Anspruch genommen, sondern zusätzlich vom Seehafenhinterlandverkehr insbesondere von den Häfen zwischen Bremerhaven und Wilhelmshaven, die über den Güterbahnhof Seelze in Richtung Kassel und weiter nach Süddeutschland geleitet werden.

der Knoten Hameln: niveaugleiche Kreuzung der beiden Strecken. Ein Umbau auf eine kreuzungsfreie Überführung wird sehr schwierig, da eine entsprechende Rampe deutlich länger sein muss als der Abschnitt, in dem die Gleise parallel liegen. Karte: DB Infrastruktur

Auch die Strecke in Richtung Hannover ist nicht weiter aufnahmefähig. Ab Weetzen kommen stündlich zwei S-Bahnen aus Richtung Barsinghausen hinzu, auch diese Verknüpfung ist ebenerdig. Weiter nördlich trennen sich die Strecken in Richtung des Rangierbahnhofs Seelze und Hannover-Linden. Die Güterumgehung Hannover ist hingegen Kreuzung frei ausgestaltet, sodass die S-Bahnen und der Ost-West Güterverkehr sich nicht gegenseitig behindern, Güterzüge von Hameln Richtung Lehrte ebenerdig das Gleispaar wechseln und behindern den Gegenverkehr behindern.

die Strecke zwischen Hameln und Hannover  ist nördlich von Weetzen voll ausgelastet und kann ohne massive Ausbauten weitere Güterzüge aus Richtung Löhne nicht aufnehmen.

Warum wird Hameln – Elze nicht zweigleisig ausgebaut?

Die Strecke selbst würde bei zweigleisigem Ausbau eine erhebliche Kapazität bieten. Diese durch einen Ausbau geschaffene Kapazität kann aber von den Anschlussknoten und Anschlussstrecken nicht aufgenommen werden. Die Strecke mündet in Elze in die Nord-Südstrecke Hannover – Göttingen durch das Leinetal, die bis Nordstemmen mitbenutzt werden muss. Die Nord-Südstrecke ist ganz erheblich von Güterzügen des Seehafenhinterlandverkehrs, insbesondere von Hamburg, in Anspruch genommen.
Zusätzliche Kapazität für Züge aus Richtung Hameln könnte daher nur geschaffen werden, wenn der Abschnitt Elze – Nordstemmen vier Gleise ausgebaut würde einschließlich einer kreuzungsfreien Überwerfung über die Strecke im Leinetal.
Doch auch dies würde nicht genügen, um die erhöhte Kapazität nutzen zu können: Kurz hinter Nordstemmen mündet, jeweils ebenfalls ebenerdig, die Strecke von Hannover und der Abzweig von der Neubaustrecke von Göttingen in Richtung Hildesheim ein, sodass im vorhandenen Zustand auch hier die Kapazität durch die Züge des Personenverkehrs bereits ausgeschöpft ist. Darüber hinaus ist der Bahnhof Hildesheim nicht so ausgebaut, dass Güterzüge von Nordstemmen nach Braunschweig konfliktfrei durchfahren könnten. Im Ergebnis könnte die zusätzliche Kapazität des Ausbaus auf zwei Gleise Hameln – Elze nur mit umfangreichen Ausbauten einschließlich der damit verbundenen Eingriffe in Bebauung und Natur genutzt werden. In der Umkehrung heißt dies: Die vorgesehene Kapazität von zwei Güterzügen je Stunde Hameln – Elze entspricht genau der Kapazität, die ohne weitere Ausbauten auf den Anschlussstrecken noch untergebracht werden kann.

die Strecke von Hameln nach Elze kann mehr als zwei Güterzüge je Stunde nicht aufnehmen.

Umleitung bei Havarien

Am 2. Juni 2022 kam es zu einer einzigen Vollsperrung bei Minden. Grundsätzlich hätte eine elektrifizierte Strecke Löhne – Hameln verhindert, dass Bielefeld vom Fernverkehr abgehängt wird. ein Ausbau allein für den Umleitungsfall ist aber nicht wirtschaftlich und daher haushaltsrechtlich nicht zulässig.

Priorität im Deutschlandtakt

Welche Priorität hat die Neubaustrecke Bielefeld – Hannover im Deutschlandtakt?

Die Priorität ist als sehr hoch einzuschätzen. Offizielle Informationen gibt es dazu nicht. Eine Übersicht über die Großprojekte lässt aber auf eine sehr hohe Priorität schließen.

Engpass-Beseitigung UND Fahrzeitverkürzung

Die zwei fehlenden Gleise zwischen Minden und Wunstorf werden immer stärker von Fernverkehrszügen benötigt. Bereits seit Ende 2021 verkehren täglich 3 ICE-Sprinter ohne Halt von Köln nach Berlin zusätzlich zum stündlichen ICE-Angebot. Ab 2023 soll zweistündlich das heute mit Flügelzügen bestehende Angebot Berlin – Köln / Düsseldorf durch zwei parallel fahrende ICE ersetzt werden. Der Einsatz von immer mehr Fernverkehrszügen führt zu Konflikten mit dem Regional- und S-Bahn-Verkehr. Darüber hinaus verlangt der Wettbewerber Flixtrain immer wieder zusätzliche Trassen.
Der Deutschlandtakt gegenüber 2021 sieht eine Verdoppelung des ICE-Angebots vor: Halbstündlich Hamm – Berlin, stündlich Osnabrück – Berlin, zweistündlich Hamm – Hamburg. Damit ist der Streckenabschnitt Minden – Wunstorf ein Engpass, der vordringlich für den schnellen Personenverkehr zu beseitigen ist.
Ein weiterer gravierender Engpass besteht für die S-Bahn Hannover zwischen Seelze und Wunstorf. Der S-Bahn-Takt kann auf einen 15-Minuten-Takt bis Wunstorf und einen Halbstundentakt bis Minden und Nienburg nur verdichtet werden, wenn die schnellen Fernverkehrszüge auf eine Neubaustrecke verlagert werden.
Der Kapazitätsengpass im Güterverkehr ist nicht so gravierend, da bereits Entlastungen auf den Routen Paderborn – Kurve Kassel – Halle und Paderborn – Elze – Hameln – Braunschweig in Planung sind.
Die Verkürzung der Fahrzeit ist eher ein Nebeneffekt. Wenn schon viel Geld ausgegeben werden muss, um den Engpass zu beseitigen, dann kann mit einem Mehrbetrag auch eine Fahrzeitverkürzung erreicht werden. Die Fahrzeitverkürzung erhält erst ihr Gewicht durch die Einpassung in den Deutschlandtakt. Zugleich ist die Fahrzeitverkürzung wiederum der Gesichtspunkt, der die Beseitigung des Engpasses wirtschaftlich macht.

Verhältnis zu anderen Großprojekten im Bundesverkehrswegeplan 2030 und für den Deutschlandtakt

Die Neubaustrecken Hamburg – Hannover und Hannover – Bielefeld sind bereits im Grundsatz im Bundesverkehrswegeplan 2030 genannt und im Bundesschienenwegeausbaugesetz bestätigt. Beiden Projekten ist gemeinsam, dass der Deutschlandtakt die Anforderungen an Kapazität und Zielfahrzeit gegenüber dem Bundesverkehrswegeplan erheblich heraufgesetzt hat.
Während der Planungsauftrag für Hamburg – Hannover schon vor geraumer Zeit erteilt wurde, bevor der Deutschlandtakt als Zielfahrplan in seiner jetzigen Fassung veröffentlicht wurde, ist der Planungsauftrag für Hannover – Bielefeld der erste, der auf der Basis des Deutschlandtakts neu erteilt wurde.
Mit der gleichzeitigen Beseitigung eines Engpasses und einer erheblichen Fahrzeitverkürzung hat das Projekt daher eine Priorität, die der der Strecken Mannheim – Frankfurt und Hamburg – Hannover entspricht. Andere Projekte des Deutschlandtakts fallen demgegenüber in der Priorität ab (Nürnberg – Würzburg und Knoten Stuttgart: Engpass nicht so gravierend, Aschaffenburg – Würzburg: deutlich geringere Belastung).

Ibrügger fordert Gütergleise – Eine Analyse

Der ehemalige Staatssekretär Lothar Ibrügger (SPD) fordert Gütergleise statt einer Neubaustrecke zwischen Bielefeld und Hannover. Eine Analyse des Interviews mit dem Westfalenblatt zeigt fehlende Kenntnis vom Bau und Betrieb von Bahnstrecken und Wunschdenken. Lesen Sie selbst und prüfen Sie die Quellen.

In einem Interview mit dem Westfalenblatt vom 19. Februar 2022, Titel „Diese Trasse wird nicht gebaut“  hat Ex-Staatssekretär Lothar Ibrügger (SPD) zu Neubaustrecke Bielefeld – Hannover und zu weiteren Neubauprojekten Stellung genommen. Wir kommentieren die Aussagen hier umfassend.

Lothar Ibrügger – zur Person und Amtszeit:

Investitions-Blockade

Ibrügger erwarb in der Bundestagswahl 1998 sein Bundestagsmandat, das er bis 2009 innehatte.
Der Koalitionsvertrag der rot-grünen Bundesregierung vom 20. Oktober 1998 sah die Prüfung des Baues der Neubaustrecke Nürnberg – Ebensfeld vor. Mit dieser Überprüfung begann die Amtszeit von Lothar Ibrügger als Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Der Bau hatte bereits begonnen, es kam zu einem Baustopp. Pläne dieser Zeit sahen eine Aufgabe des Projekts vor. Diese hätten bedeutet, dass die Fahrzeit Nürnberg – Erfurt statt geplanter 75 Minuten 68 Minuten länger gedauert hätte als geplant. Erst nach Ende der Amtszeit von Verkehrsminister Müntefering (17. September 1999), seines Nachfolgers Klimmt  (20. November 2000) und nach der Amtszeit von Ibrügger (20. März 2000) hob die Bundesregierung Mitte März 2002 den Baustopp auf.
Die Strecke wurde nach entsprechender Verzögerung im Dezember 2017 in Betrieb genommen und weist seither stark steigende Fahrgastzahlen auf.

Start der Börsenbahn

In die Amtszeit von Ibrügger fällt auch die Berufung von Hartmut Mehdorn als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn. Mehdorn trat sein Amt am 16. Dezember 1999 an. Welchen Anteil Ibrügger daran hat, ist nicht belegt. Klar ist aber, dass damit die Ära der Börsenbahn begann, also die Absicht, die Deutsche Bahn einschließlich der Netzsparte zu einem gewinnbringenden Unternehmen zu machen.

Quellen:
Wikipedia zur Schnellfahrstrecke Nürnberg – Erfurt

Kommentar zum Interview

Ibrügger: Die 31 Minuten sind eine willkürliche Vorgabe eines inzwischen abgelösten Bundesverkehrsministers. Dieser Wert ist keine Absicht des Bundes, sondern nur der Ausfluss eines dritten Gutachtens zum Deutschlandtakt. Für diese 31 Minuten gibt es keine Rechtsgrundlage, weil sie als Ziel nicht gesetzlich verfügt worden sind.

Kommentar: 31 Minuten für die Fahrzeit Hannover – Bielefeld ist keine willkürliche Idee, sondern das Ergebnis eines mathematisch-geografischen Erkenntnisprozesses. Diese Fahrzeit ist schon im ersten Entwurf des Gutachtens enthalten, der im Oktober 2018 veröffentlicht wurde. Vorausgegangen war dem ein Erkenntnisprozess, der wesentlich von den Bundestagsabgeordneten Post, Schwartze und Völlers (SPD) und einigen Kollegen angestoßen wurde. Diese Gruppe von Abgeordneten haben erreicht, dass einige Details in einer Fußnote zur Anlage geregelt wurden, ein ungewöhnlicher Vorgang.
Der Bundesverkehrswegeplan von 2016 enthielt eine kürzere Neubaustrecke mit einer Fahrzeit von 40 Minuten, die durch den Jakobsberg (Porta-Tunnel) führen sollte. Diese Planung stieß in der Region auf Widerstand, mit der Folge, dass einige SPD-Abgeordnete gegen das entsprechende Gesetz stimmten. Diese Kritik führte dazu, dass die Bundesregierung die Wirkung der Maßnahmen durch das Schweizer Gutachterbüro SMA überprüfen ließ. Das Ergebnis wurde als „Zielfahrplan 2030“ veröffentlicht und bezeugt klar die Unzulänglichkeit des sich ergebenden Fahrplans, der lange Wartezeiten an vielen Umsteigestationen zur Folge hatte.
Daraufhin beauftragte die Bundesregierung das Gutachterbüro SMA, Verbesserungen zu erarbeiten. Diese enthielten zunächst eine Neubaustrecke mit 37 Minuten Fahrzeit auf der Basis von 250 km/h Höchstgeschwindigkeit. Da auch dieses Ergebnis nicht zufriedenstellen konnte, wurde die Gesamtstrecke Hamm – Berlin auf 300 km/h ausgelegt und  der Neubauabschnitt auf 31 Minuten umgerechnet, mit der Folge, dass nunmehr Hamm, Bielefeld, Hannover, Wolfsburg und Berlin als integrale Taktknoten dargestellt werden können.
Richtig ist, dass „31 Minuten“ keine gesetzliche Grundlage haben. Das Bundesschienenwegeausbaugesetz nennt die Projekte nur mit einer Kurzformel, in diesem Fall als „ABS/NBS Hannover – Bielefeld“. Weitere Einzelheiten sind im Bundesverkehrswegeplan enthalten. Dieser ist aber kein Gesetz, sondern nur ein Regierungsprogramm, damit behält die Bundesregierung im Planungsprozess die Freiheit, das politische Planungsziel zu überprüfen und an neue Bedingungen anzupassen. Dies ist mit dem Planungsauftrag zur Neubaustrecke Hannover – Bielefeld geschehen, indem auf das inzwischen vorliegende Gutachten zum Deutschlandtakt Bezug genommen wird.

Quellen:
Abschlussbericht zum Deutschlandtakt
Bundesverkehrswegeplan 2016 Projekt Bielefeld – Hannover
Zielfahrplan 2030 (veröffentlicht 2017) Diese Daten können beim Webmaster angefordert werden.
Zielfahrplan 2030+, Fernverkehr, 1. Entwurf vom Oktober 2018
Bundesschienenwegeausbaugesetz, Anlage Abschnitt 2 Ziffer13

Ibrügger: Das von den Bahnplanern an der Bestandsstrecke präsentierte Horrorszenario zwischen Herford, Löhne, Bad Oeynhausen, Porta Westfalica und Minden hätte vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Bundesverwaltungsgericht keinen Bestand.

Kommentar: Diese Planung ist nicht dafür gedacht, sie wirklich umzusetzen. Die Deutsche Bahn stellt dar, was geschieht, wenn die regionale Forderung nach Ausbau der Bestandsstrecke umgesetzt wird. Ibrügger erhebt ja für den Abschnitt Minden – Wunstorf genau diese Forderung.  Bezeichnenderweise zitiert Ibrügger nicht diesen Abschnitt, obwohl die Ergebnisse einer Grobplanung bereits vorgestellt wurden und öffentlich verfügbar sind (Regionaltreffen Bad Nenndorf und Bückeburg).
Die DB sichert mit dieser Planung jede andere Planung rechtlich ab.

Quellen:
Website der Deutschen Bahn > Dialog > Regional-Treffen

Ibrügger: Denn alle Städte entlang der Strecke haben verbindliche Bauleitplanungen, die das Eigentum der Bürger schützen und städtebauliche Schranken für Verkehrswegeplanungen darstellen.

Kommentar: Das ist fachlich nicht zutreffend. Städte und Gemeinden können mit Bauleitplanungen Verkehrsprojekte nicht verhindern. Maßgeblich ist das Raumordnungsverfahren, das als „Dach“ über den Verkehrsprojekten und Bauleitplänen steht und die unterschiedlichen Nutzungen verträglich koordiniert. Wohngebäude sind hier der höchsten Raumwiderstandsklasse zugeordnet, sodass sie nur in zwingenden Fällen angetastet werden dürfen. Das ergibt sich aus dem Eigentumsschutz des Artikel 14 Grundgesetz.

Ibrügger: Die grundsätzliche Überprüfung der willkürlich festgelegten Fahrzeit von 31 Minuten beginnt jetzt.

Kommentar: Die Prüfung ist verständlich, wenn man vermutet, dass politische Einflüsse wirksam geworden sind. Es gibt einige Punkte, an denen politishe Einflüsse wirksam geworden sind und keine ausreichende Prüfung von Alternativen durchgeführt wurde, dieses hat der Autor dieser Zeilen auch in Fachartikeln dargestellt. Aber die Einflüsse werden von Ibrügger weit überschätzt. Keine Fahrzeitvorgabe, weder 31 Minuten noch eine andere Fahrzeitvorgabe der Bundesregierung hat keine Chance, wenn die Raumwiderstände diese Planung nicht zulassen oder die Wirtschaftlichkeit nicht erreicht wird. Der Bundestag wird das Haushaltsrecht nicht außer Kraft setzen, um eine Fahrzeit zu ermöglichen, die den Wünschen der lokalen SPD-Abgeordneten entspricht. Das beste Beispiel dafür ist das Projekt „Alpha E“. Der dreigleisige Ausbau zwischen Lüneburg und Uelzen erreicht die Wirtschaftlichkeit bei weitem nicht und darf daher nach Haushaltsrecht nicht gebaut werden. Daran ändert es auch nichts, dass es über die Realisierung eine Vereinbarung zwischen Bund und Land Niedersachsen gegeben hat.
Auch der von Ibrügger geforderte Bau von Gütergleisen hat die Wirtschaftlichkeit nicht erreicht.
Politisch zu beachten ist, dass auch die rot-grüne Bundesregierung Schröder eine solche Überprüfung veranlasst hatte. Das Ergebnis war die Verzögerung des Projekts Erfurt – Nürnberg um ein halbes Jahrzehnt. Diese Verzögerung hat in erster Linie Ibrügger selbst zu vertreten (siehe oben zur Amtszeit).

Quellen:
Ergebnisse der Überprüfung der Bedarfspläne (2010)
Gesamtwirtschaftliche Bewertung des optimierten Alpha E
Engel, Bahn-Report 1/2022, S. 21 ff.: Deutschlandtakt: Nutzen gut – alles gut?
Engel, Bahn-Report 4/2021. S. 9 ff.: Systemfehler im Deutschlandtakt

Ibrügger: Diese ganzen Planungsprozesse zu einer 31-Minuten-Verbindung behindern unmittelbar die Verkehrswende und das Klimaschutzsofortprogramm für das Gesamtsystem Schiene. Es ist falsch, sich von Megaprojekten abhängig zu machen, die erst in 20 Jahren ihren Verkehrswert entfalten könnten. Das Projekt blockiert die im Koalitionsvertrag formulierte Absicht, bis 2030 den Anteil der Schiene am gesamten Güterverkehr auf 25 Prozent zu steigern und die Fahrgastzahlen zu verdoppeln.

Kommentar: Vor, während und nach der Amtszeit von Ibrügger hat die Deutsche Bahn – im Gegensatz zur Straßenbauverwaltung – nie einen Vorrat an ausführbaren Bauplänen entwickeln dürfen. Mit der Auffassung, eine solche Planung behindere andere Planungen, zementiert Ibrügger dieses Vorgehen. Abgesehen davon: Die DB plant ja gerade die Möglichkeiten, die Bestandsstrecke auszubauen und stellt sie dar – nur mit dem fachlich zutreffenden Ergebnis, dass die Idee von Ibrügger aufgrund der Gegebenheiten nicht umsetzbar ist.
Auch bereits im Bundesverkehrswegeplan 1993 stand der Ausbau Minden – Wunstorf, sodass Ibrügger selbst nicht gehindert gewesen war, den Planungsauftrag an die Deutsche Bahn vorzubereiten und auf den Weg zu bringen.

Ibrügger: Zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland leben in Städten und Gemeinden unter 100.000 Einwohnern,  664 Mittelzentren müssen verlässlich an ein robustes Schienenwegenetz angeschlossen werden. Betrieb und Angebot auf der Schiene sind ein wichtiger Beitrag zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse.

Kommentar: Die Deutsche Bundesbahn hatte seit 1988 ein Netz von Interregio-Zügen aufgebaut, das fast alle Mittelzentren an das qualifizierte Fernverkehrsnetz angeschlossen hatte. Dieses Netz erlebte 1996 seinen Höhepunkt. Danach wurde das Netz Schritt für Schritt abgebaut, und während der eigenen Amtszeit als Staatssekretär versetzte Bahnchef Mehdorn diesem Netz den Todesstoß. Das von der SPD geführte Bundesverkehrsministerium hätte umsteuern können, hat es aber nicht getan, sondern die Verantwortung für den Anschluss der Mittelzentren auf die Bundesländer abgeschoben, die die Lücken stopfen mussten. Die Bundesländer wurden wiederum in dieser Aufgabe unmittelbar nach der Amtszeit von Ibrügger daran gehindert: durch die Kürzung der Regionalisierungsmittel. Diese Kürzung ging auf das sog. “Koch-Steinbrück-Papier” zurück, das von den Ministerpräsidenten Steinbrück (SPD) und Koch (CDU) vorgelegt und noch während der Amtszeit von der Regierung Gerhard Schröder (SPD) umgesetzt wurde.

Quellen:
Karl-Dieter Bodack, InterRegio, EK-Verlag, Freiburg 2005
Koch-Steinbrück-Papier
Der Spiegel, 26.11.2005:  Länder bereiten sich auf Kürzung der Bundesmittel für den Nahverkehr vor

Ibrügger: Wenn es gut liefe, stiege der erste Fahrgast im Jahr 2042 in Hannover in den ICE ein und in Bielefeld aus. Nach einer ewig langen Bauzeit und dem Verbrauch von zehn Milliarden Euro. Das ist eine Respektlosigkeit gegenüber den Steuerzahlern und gegenüber der Wählerschaft als Eigentümer der Deutschen Bahn. Ibrügger: Auch wegen der Erfahrungen nach der Flutkatastrophe im vorigen Sommer ist der Ausbau eines robusten Netzes absolut vorrangig und erfordert ein Umdenken. Gegenwärtig ist die neue Bundesregierung damit beschäftigt, die bisherigen Prioritäten von Ex-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer auf den Prüfstand zu stellen. Ich bin überzeugt, dass diese ICE-Trasse nicht gebaut wird.

Kommentar: Diese Auffassung reproduziert die eigene Handlungsweise der Amtszeit von Ibrügger, der die durchaus teure Neubaustrecke Erfurt – Ebensfeld zu verhindern. Letztlich ist dieser Versuch an den geografischen Realitäten gescheitert und hat die Realisierung nur um ein halbes Jahrzehnt verzögert – siehe ganz oben.
Respektlos ist es, Baumaßnahmen zu fordern, die dem Anspruch des Haushaltsrechts nicht genügen können. Das Haushaltsrecht verlangt, dass der volkswirtschaftliche Nutzen von Bauprojekten höher sein muss als die Koste. Respektlos ist es, die Aufrechterhaltung eines Fahrplans zu fordern, bei dem Fahrgäste lange auf Anschlüsse warten müssen. Doch genau dies tut Ibrügger.
Es ist eine zu einfache Denke, dass ein Fahrclansystem, von den besten Planern dieses Metiers erarbeitet, so einfach über Bord gekippt werden kann, um mit den Ausbauten weiter zu wursteln wie zu der Amtszeit von Ibrügger. Während zur Amtszeit von Ibrügger der Regionalverkehr von den Bundesländern bereits nach den Grundsätzen des integralen Taktfahrplans geordnet wurde, wurden die teuren Bauprojekte der Bundesregierung noch nach politischem Gutdünken und ohne Rücksicht auf spätere Fahrpläne gestaltet. Dabei wurde für das Schienennetz die Methode ungeprüft übernommen, die für den Straßenverkehr galt: Beschleunigung ohne Rücksicht darauf, dass Eisenbahn ein fahrplanbasiertes System ist..

Ibrügger: Dem Gesetzgeber im Bundestag und Bundesrat stellt sich natürlich die Frage, ob diese Vorfestlegung auf zwei Tempo-300-Strecken (die zweite ist Nürnberg – Wür6zburg, der Webmaster), die insgesamt 20 Milliarden Euro kosten würden, sinnvoll sein kann. Weder verkehrlich noch betrieblich sind solche Strecken erforderlich für das Gesamtsystem Bahn.

Kommentar: Dieser Darstellung fehlt jegliche Fachkunde.
Gemeinsam gilt für beide Strecken, dass die Höchstgeschwindigkeit von der sogenannten Kantenzeit abgeleitet wird. Die Kantenzeit ergibt sich mathematisch für Stundentakte im Schienenverkehr, sie beträgt 30 oder 60 Minuten. Eine Kantenzeit von 45 Minuten erfordert einen Halbstundentakt für alle Linien des Netzes und führt zu Wartezeiten, wenn aus einem Halbstundentakt in einen Stundentakt gewechselt werden muss. Gemeinsam gilt für beide Strecken auch: Sie liegen mitten im Netz. Eine Abweichung von der Kantenzeit führt zu einem sehr viel schlechteren Taktgefüge und dazu, dass die Investition ohne Wirkung auf die Verbesserung der Fahrzeiten im Gesamtnetz bleibt.
Für beide Strecken gilt auch: Der Engpass besteht in erster Linie zwischen dem schnellen Reisezugverkehr und dem langsameren Regionalverkehr und den Bedürfnissen der Region nach einer deutlichen Verdichtung des Regionalverkehrs.
Die Entstehung und die verkehrliche Bedeutung in der Engpassbeseitigung für den Güterverkehr ist sehr unterschiedlich.
Bei Hannover – Bielefeld liegt zum einen ein sehr gravierender Engpass zwischen Regional- und Fernverkehr vor, zum anderen ist die heutige Fahrzeit von 48 Minuten weit weg von jeder Vereinbarkeit mit einem integralen Taktfahrplan. Eine Neubaustrecke kann zugleich den Engpass im Güterverkehr in der Verbindung Hamburg / Bremen – Ruhrgebiet auflösen und die schnellste Verbindung Köln – Hamburg aufnehmen. Bereits für den ersten Entwurf des Zielfahrplans 2030+ wurde festgestellt, dass nur mit 300 km/h ein geeignetes Taktsystem zu erzielen ist.
Die Strecke Nürnberg – Würzburg passt hingegen schon heute optimal in den integralen Taktfahrplan, hier muss die Fahrzeit um eine halbe Stunde gekürzt werden, um die gleiche Qualität der Anschlüsse zu erreichen. Der Engpass im Güterverkehr ist nicht ganz so drängend, weil für Güterzüge insgesamt zwei Umfahrungen zur Verfügung stehen, über Ansbach und über Bamberg, und die dritte über Hof (Saale) steht aktuell zur Elektrifizierung an. Hier hatte der erste Entwurf des Zielfahrplans noch versucht, eine Kantenzeit von 45 Minuten zu rechnen. Das Ergebnis konnte aber aufgrund der in vielen Teilen von Bayern geltenden Stundentakte nicht überzeugen.

Quellen:
Zielfahrplan 2030 (veröffentlicht 2017) Die Daten können beim Webmaster angefordert werden.
Zielfahrplan 2030+, Fernverkehr, 1. Entwurf vom Oktober 2018

Ibrügger: Vielmehr erzwingen sie eine Nachfrage für diese beiden Verbindungen und machen damit die Masse der Fahrgäste zu Umsteigern.

Kommentar: Auch hier versagt Ibrüggers Fachkenntnis, Ibrügger versteckt eine andere Forderung hinter der Behauptung.
Zwischen Bielefeld und Hannover verkehren heute genauso viele Intercity-Züge wie vor 25 Jahren unter der Marke Interregio, und alle haben auch nach dem Bau der Neubaustrecke ihre Berechtigung. Zwischen Nürnberg und Würzburg sind selbst zu den besten Zeiten des Interregio-Verkehrs keine Interregio-Züge gefahren. Die größten Städte sind Kitzingen (21.000 Einwohner) und Neustadt (Aisch) (13.000 Einwohner), die keinen Zwischenhalt rechtfertigen. Fürth ist zwar größer, gehört aber zur Agglomeration Nürnberg mit U- und S-Bahn-Anschluss.
Hinter dem Argument von Ibrügger steckt etwas ganz anderes: die Forderung nach einem ICE-Halt Minden und die Sorge, dass auch die heute verkehrenden Fernzüge an Minden vorbeifahren. Es ist davon auszugehen, dass die ganz persönliche Erfahrung von Ibrügger besteht, dass man in Minden einsteigen und in Berlin wieder aussteigen kann.  Dieses Angebot gibt es genau seit dem Beginn der Ära Schröder und der Übernahme des Bundstagsmandats durch Ibrügger: Am Tag der Bundestagswahl  hat Bundeskanzler Kohl die Neubaustrecke nach Berlin eröffnet, und damit wurde das Intercity-Angebot mit schnellen Direktzügen zwischen Minden und Berlin eingeführt.
Wenn die Fahrgastnachfrage die ICE-Züge hinreichend füllt, werden sie in Minden weiterhin ohne Halt durchfahren. Coburg zeigt, dass auch eine abseits liegende Stadt per ICE erreichbar bleibt, wenn sich die Region ausreichend darum bemüht. Bemühen wiederum muss man sich nicht mit Forderungen, sondern mit Fahrgästen, die am Bahnsteig stehen. Der Mindener Bahnhof liegt aber abseits der Stadt auf dem anderen Weserufer, und ausreichende Bemühungen, mehr Fahrgäste dorthin zu bringen, sind in Minden unbekannt.
Wenn also Umsteiger „produziert“ werden, dann sind es Umsteiger auf das Auto, weil ihnen der Zug zu langsam ist.

Quellen:
Kursbuch Deutsche Bahn 1996
Karl-Dieter Bodack, InterRegio, EK-Verlag, Freiburg 2005, Seite 94

Ibrügger: Trotzdem wären solche Strecken zu keinem Zeitpunkt eigenwirtschaftlich zu betreiben. Legt man die mehr als 10,5 Milliarden Euro kostende Hochgeschwindigkeitsstrecke durch Thüringen und deren bisherige Trassenerlöse zugrunde, kommen wir derzeit auf eine Amortisierungszeit von 145 Jahren.

Kommentar: Damit verwendet Ibrügger ein Argument, das in seiner Amtszeit und der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder uneingeschränkt Geltung hatte: Bahnstrecken müssen sich betriebswirtschaftlich rechnen. Der von der damaligen SPD-geführten Bundesregierung berufene Bahnchef Hartmut Mehdorn hat diese These rigoros umgesetzt. Davon rückt der Koalitionsvertrag der heutigen Ampelregierung erstmals ab und fordert die Umwandlung der gewinnorientierten Netz-Aktiengesellschaft in einen gemeinwirtschaftlichen Betrieb.
Zugleich weist Ibrügger mit der vorgenannten Äußerung darauf hin, dass Wirtschaftlichkeitsberechnungen in gewissem Umfang „schöngerechnet“ worden sind. Dies trifft insbesondere für die Neubaustrecke Erfurt – Ebensfeld zu. Um die Wirtschaftlichkeit nachzuweisen, wurden unter der Regierung Kohl für diese Strecke Güterzüge und Interregio-Züge eingerechnet. Aufgrund späterer Sparmaßnahmen wurde die Strecke abschnittsweise steiler angelegt als ursprünglich geplant. Güterzüge konnten bis vor sehr kurzer Zeit nicht mit einer Last fahren, die für die Verkehrsunternehmen wirtschaftlich war. Erst seit sehr kurzer Zeit können solche Güterzüge wirtschaftlich verkehren, nachdem die Strecke signaltechnisch nachgerüstet wurde. Interregio-Züge verkehren hier bis heute nicht, weil – wie oben dargestellt – sie sich nicht nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen rechnen. Erst jetzt hat die Bundesregierung unter Verkehrsminister Scheuer die Bundesländer Bayern und Thüringen durch Erhöhung der Regionalisierungsmittel in den Stand gesetzt, gemeinwirtschaftlich finanzierte Regionalzüge zu bestellen. Die Amortisationszeit wird sich so drastisch verkürzen. Darüber hinaus ist das Herausrechnen einzelner Streckenabschnitte aus einem Netz eine fachlich nicht gerechtfertigte Methode: Erst die hohe Geschwindigkeit und kurze Reisezeit rechtfertigt mehr Züge, und die erhöhten Zugzahlen führen auch auf anderen deutlich mit weniger Kosten gebauten Streckenabschnitten zu mehr Einnahmen, sodass dort   Überschüsse entstehen: Die zusätzlichen ICE fahren von Berlin bis Halle über Bestandsstrecken und von Halle bis Erfurt über eine viel günstiger gebaute Neubaustrecke.

Quellen:
Regionalexpress Nürnberg – Erfurt: Neue Doppelstockzüge
Regionalexpress Nürnberg – Erfurt umstritten

Ibrügger: Zu keinem Zeitpunkt stelle ich die Methodik eines integrierten Taktfahrplans in Frage. Er muss aber von den fatalen Abhängigkeiten von viel zu teuer erkauften Hochgeschwindigkeitsstrecken gelöst werden, weil weder die Ziele beim Klimaschutz noch die Ziele der Verkehrswende bis 2030 so erreicht werden.

Kommentar: Ibrügger stellt den Ursachenzusammenhang auf den Kopf. Der integrale Taktfahrplan ist ein mathematisches System.
Der integrale Taktfahrplan ist davon abhängig, dass das Neubauprojekt Hannover – Bielefeld realisiert wird. Eine Fahrzeit Hannover – Bielefeld von 48 Minuten und Hannover – Hamm von 77 Minuten ist nicht geeignet, einen integralen Taktfahrplan zustande zu bringen. Einzige Alternative wäre die Verlängerung der Fahrzeit Hannover – Bielefeld auf etwa 60 Minuten und Hannover – Hamm auf etwa 90 Minuten. Erst mit dem integralen Taktfahrplan werden die Reisezeiten nicht nur von Bielefeld nach Hannover, sondern auch aus der Region im Westen in die Region im Osten so kurz, dass das System Bahn attraktiver wird als das eigene Auto.
Das Erreichen der Ziele bis 2030 wäre nur möglich, wenn die Planungszeiträume verkürzt würden. Das ist Aufgabe des Deutschen Bundestages. Das gilt für alle Projekte, die für den Klimaschutz in Frage kommen. Die geografischen und mathematischen Bedingungen kann auch der Bundestag nicht ändern.

Ibrügger: Ich fordere, den Bau von zwei Güterzuggleisen von Minden nach Wunstorf sofort in Angriff zu nehmen.

Kommentar: Diese Forderung zeigt besonders die fehlende Fachkunde von Ibrügger. „Güterzuggleise“ lösen das bestehende Engpassproblem nicht. Ein Engpass entsteht durch die Konkurrenz von schnell und langsam fahrenden Zügen. Daher sind auch die Streckenabschnitte Hamm – Bielefeld und Bielefeld Minden Engpässe, obwohl hier vier Gleise und damit die Güterzuggleise vorhanden sind.  Diese Güterzüge können nur von Güterzüge genutzt werden, weil Bahnsteige fehlen. Auf dem anderen Gleispaar müssen sich schnell fahrende Züge (ICE, IC) die Gleise mit Regionalzügen teilen. Je höher die Differenz in den Geschwindigkeiten ist, umso weniger Züge können verkehren. So sind zwischen Hamm und Bielefeld nur vier Züge je Stunde und Richtung möglich. Jeder weitere schnelle Zug drängt Regionalzüge an die Seite, verlangsamt deren Fahrt, weil das Überholen abgewartet werden muss, und zwingt den Regionalzug, Halte auszulassen. Bereits dreimal täglich ist diese Situation gegeben, wenn der Sprinter Köln – Berlin den Regionalexpress 6 in Gütersloh überholt.
Auf dem Abschnitt Minden – Wunstorf verschärfen die Güterzüge die Situation nur noch.
Gebaut werden müssen Gleise für den wachsenden schnellen Verkehr. Güterzüge und Regionalzüge vertragen sich auf dem gleichen Gleispaar hingegen sehr gut. Allerdings fordert eine Verdichtung des Verkehrsangebots für eine S-Bahn in Ostwestfalen-Lippe mehr Platz auf den Schienen, als mit dem Bau von Bahnsteigen an den heutigen Gütergleisen geschaffen werden kann.

Quellen:
Zielfahrplan NRW 2040

Ibrügger: Der Bundestag hat 2004 den Ausbau zwischen Minden und Wunstorf auf vier Gleise gesetzlich verfügt.

Kommentar: Das ist unzutreffend zitiert. Der Bundesverkehrswegeplan 2003 benennt das Projekt so:
„ABS / NBS Seelze—Wunstorf—Minden
Zweigleisige Ausbau- / Neubaustrecke Seelze—Haste, vmax = 230 km/h; zweigleisige Ausbau- / Neubaustrecke Haste— Porta Westfalica, vmax = 230 km/h“
Damit nimmt der Text auf die Pläne der DB aus den 1990er Jahren Bezug, einen Tunnel durch den Jakobsberg bei Porta zu bauen, lässt also genau die Variante zu, die Ibrügger bekämpft.
Die Behauptung ist auch rechtlich falsch. Der Bundestag beschließt mit dem Bundesschienenwegeausbaugesetz lediglich, dass die Bundesregierung ein Projekt in Auftrag geben „darf“ – nicht aber, dass sie es muss, und schon gar nicht, wie sie es muss.

Quellen:
Bundesverkehrswegeplan 2003.S. 55 (pdf Blatt 67)

Ibrügger: Doch es wurde von den Bundesverkehrsministern Peter Ramsauer und Alexander Dobrindt nicht in Angriff genommen, weil die immensen Kostensteigerungen in Höhe von fünf Milliarden Euro für die Hochgeschwindigkeitsstrecke von Nürnberg nach Berlin dafür sorgten, dass die 550 Millionen Euro für Minden-Wunstorf nicht mehr vorhanden waren. Ibrügger: Ich fordere, den Bau von zwei Güterzuggleisen von Minden nach Wunstorf sofort in Angriff zu nehmen, wie es der Bundestag entschieden hat.

Kommentar: Diese Darstellung ist insgesamt unzutreffend.
Zunächst trifft die genannte Zahl von 550 Millionen Euro nicht zu. Der Bundesverkehrswegeplan 2003 nennt 901,3 Mio. Euro Baukosten nach dem damaligen Baukostenindex.
Die Bundesregierung hat alle Projekte auf ihre Wirtschaftlichkeit prüfen lassen. Das Ergebnis für Minden – Wunstorf wurde zusammen mit allen anderen Prüfungen im Jahr 2010 veröffentlicht. Das Ergebnis: Der Nutzen-Kosten-Faktor liegt knapp unter 1. Das Projekt darf daher haushaltsrechtlich nicht geplant und gebaut werden.
Auch der politische Zusammenhang besteht nicht. Ein Projekt darf zur Planung an die Deutsche Bahn erst vergeben werden, wenn die Wirtschaftlichkeit überprüft ist. Dieses Prüfergebnis lag erst 2010 vor.
Es fällt zwar auf, dass die Prüfung sehr lange gedauert hat, dies lässt auf den Unwillen der jeweils amtierenden Regierung schließen. Das Ergebnis ist davon aber nicht abhängig.
Auch die jetzige Forderung von Ibrügger hat keine Chance auf Verwirklichung, weil der Nutzen-Kosten-Faktor nicht erreicht wird. Seit 2004 haben sich die Kosten auch eines solchen Projekts erheblich erhöht, weil Anforderungen an technische Sicherheit, Umweltschutz und Lärmschutz erhöht wurden. Dafür sind letztlich Forderungen der Bürger und Vorgaben der Europäischen Union maßgeblich.
Soweit Ibrügger darauf beharrt (Westfalenblatt 26.2.2022), dass die von ihm genannte Zahl von 550 Mio. Euro zutreffe, und weiter mitteilt, dafür sei ein Nutzen-Kosten-Wert von 3 errechnet worden,  könnte es sich insoweit um eine noch ältere Planung handeln: Schon frühere Bundesverkehrswegepläne enthielten diesen Ausbau. Tatsache ist auch, dass im betreffenden Abschnitt ein Planum von etwa 18 Meter Breite der DB gehört. Dies hätte zu Dampflokzeiten für 4 Gleise genügt, nicht aber unter heutigen Bedingungen.

Ibrügger: Die Fertigstellung würde fünf bis acht Jahre dauern und würde auch die deutsche Verpflichtung für den Ausbau des transeuropäischen Korridors bis 2030 erfüllen.

Kommentar: Eine solche Aussage über die Bauzeit entbehrt jeder fachlichen Grundlage.
Zwar könnten bei einer Abänderung des Planungsauftrages die Vorarbeiten der DB bis heute verwendet werden, aber der Planungsprozess würde sich nicht verkürzen, bis eine Vorzugstrasse in etwa 2 Jahren zur Verfügung stünde. Danach schließt sich das Planfeststellungsverfahren an, das mindestens 2 Jahre benötigt. Für einen Bau aufgrund Baurecht durch Gesetz wird es keine parlamentarische Mehrheit geben, sodass ein Planfeststellungsbeschluss erforderlich ist und durch alle Instanzen rechtskräftig sein muss, bevor gebaut werden darf. Nichts daran ist schneller als beim derzeitigen Verfahren.
Der Bau von zwei zusätzlichen Gleisen entlang einer Bestandsstrecke dauert in aller Regel länger als ein Neubau und ist dennoch mit Vollsperrungen für erhebliche Zeiträume verbunden. Der Glaube, man könne zwei Gleise einfach neben die vorhandenen legen, ist ein Kinderglaube aus der Welt der Modelleisenbahn. Die fachlichen Darstellungen der Deutschen Bahn darüber prallen bei Politikern immer wieder ungehört ab. Wegen der zusätzlichen Kosten und Erschwernisse sind die Kosten eines solchen Ausbaues auch nicht niedriger als die eines Neubaues.
Ein Beispiel für den Bau zusätzlicher Gleise ist die Strecke (Nürnberg -) Fürth – Bamberg – Ebensfeld (- Erfurt). Diese Strecke musste mittlerweile für fast ein Jahr gesperrt werden. Die Bauarbeiten gehen nur abschnittsweise voran und sind noch nicht beendet.
Für den zweigleisigen Ausbau Verden – Rotenburg hat die Vorbereitung etwa 6 Jahre gedauert, wann gebaut werden kann, ist noch völlig unklar, und die Bauzeit ist mit 8 Jahren angesetzt bei jährlich 3 Monaten Vollsperrung.
Nach 3 Jahren politischer Vorbereitung hat jetzt das Planungsverfahren für die Elektrifizierung Hameln – Elze begonnen. Mit dem Abschluss wird für das erste Quartal 2025 gerechnet, ein Zeitpunkt der Fertigstellung ist nicht angegeben, vielleicht wird es 2030.
Die einzige Maßnahme, die ähnlich schnell zu realisieren wäre, wäre die Elektrifizierung der Weserbahn von Löhne durch das Kurgebiet Bad Oeynhausen, durch Vlotho und Rinteln – ein Projekt, gegen das massivste Bürgerproteste zu erwarten sind. Dieses am schnellsten zu verwirklichende Projekt lehnt Ibrügger selbst ab.

Quellen:
Wikipedia zu Ausbaustrecke Nürnberg – Ebensfeld
Bericht über das Ergebnis der Vorplanung und der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung der Ausbaustrecke Rotenburg – Verden
Bahnprojekt Hameln – Elze
Neue Westfälische vom 14.5.2019 (Ibrügger zum Ausbau Weserbahn)

Ibrügger: Man glaubt es kaum, aber die Planung für den viergleisigen Ausbau der Strecke liegt mehr als 100 Jahre zurück. Die beiden Weltkriege und deren Folgen haben den Bau verhindert. Der Ausbau auf vier Gleise ist auch wichtig, weil nach der Fertigstellung die Zahl der Transit-Lkw auf der A2 deutlich gesenkt werden könnte. Vor zehn Jahren waren es in Bad Oeynhausen täglich 1200 Lkw, heute sind es 3000. Das entspricht 60 Güterzügen.

Kommentar: Das ist die einzige Aussage, die richtig ist. Aber das Schienennetz ist nicht so einfach auszubauen wie eine Autobahn, an die man einfach eine neue Fahrspur anbaut. Um sinnvolle Forderungen zu verstehen, muss man den Bahnverkehr und seine Technik verstehen.

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Milliardengrab oder sinnvolle Investition? Ein Reizthema

Der grundlegende Irrtum der meisten politischen Stellungnahmen liegt darin, dass Engpassbeseitigung und Beschleunigung nicht einzeln betrachtet werden.

Wie bei allen ökonomischen Daten in einem komplexen System: Jeder rechnet sich seine Daten so aus, wie es ihm passt.
Bei allen Kostenvergleichen ist zu beachten, ob die Kosten vergleichbar sind. Die Baukosten zum Bundesverkehrswegeplan 2016 und zum Deutschlandtakt beruhen auf dem Baukostenindex 2015. Fast alle anderen an anderen Stellen genannten Kosten entsprechen diesem Index nicht und sind daher nicht vergleichbar.

Was wird eine Neubaustrecke Hannover – Bielefeld kosten?

Eine wirkliche Kostenrechnung wird erst möglich sein, wenn eine Vorzugstrasse im gegenwärtigen Verfahren der Bürgerbeteiligung festgelegt wurde. Dann werden die Kosten konkret ermittelt. Auf dieser Grundlage erfolgt eine Beurteilung der Wirtschaftlichkeit.
Bis dahin stehen nur grobe Schätzungen aufgrund der Entwürfe von Schüßler Plan zur Verfügung. Was von diesen Entwürfen zu halten ist, lesen Sie hier. Die Aussagekraft ist gering. Die Planungen dienten nur dazu, den Planungsauftrag an die DB zu erteilen.
Diese sehr wenig aussagekräftigen Entwürfe sagen aus, dass eine Neubaustrecke nach dem Baukostenindex 2015 etwa 5 Mrd. Euro kosten würde.
Zum Vergleich: Mit dem Betrag von 4,8 Mrd. Euro war im Jahr 1995 (also mit 20 Jahr älteren Baukosten!) das Projekt „Stuttgart 21″ kalkuliert.

Engpassbeseitigung und Beschleunigung

Mit dem Projekt soll gleichzeitig ein Engpass auf dem 48 km langen Abschnitt Minden – Wunstorf beseitigt und die Fahrzeit von Fern-, Regional- und Güterzügen verkürzt werden.
Dieser Zusammenhang verfälscht jede Berechnung, die den Wert „Investitionen je Fahrzeitminute“ beschreiben will.

Die Kosten der Engpassbeseitigung

Die Kosten der Beseitigung des Engpasses lassen sich einzeln berechnen. Der Engpass besteht darin, dass zwei Gleise (bereits historisch geplant) zwischen Minden und Wunstorf zusätzlich gebaut werden müssen und die Verknüpfung mit den Strecken Minden – Nienburg bzw. Nienburg – Hannover kreuzungsfrei gestaltet werden muss.
Brauchbare Vergleichsdaten für eine finanzielle Einschätzung der notwendigen Bauarbeiten sind so gut wie nicht verfügbar. Alle im Bundesverkehrswegeplan und in der Maßnahmenliste zum Deutschlandtakt sind Zusammenrechnungen aus technisch sehr unterschiedlichen Maßnahmen.  Auch die in der Widuland-Studie angegebenen Zahlen sind ohne jede nachvollziehbare Grundlage gegriffen. Eine grobe Einschätzung lässt erkennen, dass etwa 2,5 Mrd. Euro der reinen Engpassbeseitigung zuzurechnen sein dürfte.
Einziges technisch vergleichbares  Projekt ist der viergleisige Ausbau der Bahnlinie (Nürnberg -) Fürth – Bamberg – Ebensfeld (- Erfurt). Vergleichbare Daten über Baukosten sind aber aus den Veröffentlichungen nicht verfügbar.

Die Kosten der Fahrzeitverkürzung

Die Fahrzeitverkürzung wird allgemein nur mit der Fahrzeit von Fernverkehrszügen mit 300 km/h angegeben, also der Fahrzeitdifferenz zwischen 31 Minuten und 48 Minuten. Auch das ist eine grobe Verkürzung der Tatsachen. Die Neubaustrecke verkürzt auch die Fahrzeit von Güterzügen und Regionalzügen, die nicht mehr an die Seite fahren müssen, um schnellere Züge vorbeizulassen. Diese Fahrzeitverkürzung würde auch mit dem viergleisigen Ausbau des Bestandes erreicht. Berechnet mal also die „Kosten der Fahrzeitverkürzung“ für den Fernverkehr, so können auch nur die Mehrkosten für die Neubaustrecke anzurechnen. Damit ergibt sich ein völlig anderes Bild, als es sich nach den 2020 veröffentlichten Daten der Bundesregierung ergibt, und zwar auch für verschiedene Varianten.
Rechnet man so die Hälfte von 5 Mrd. Euro auf 17 Minuten Fahrzeitverkürzung um, so ergibt sich mit 152 Mio. Euro je Minute ein sehr passabler Wert.

Sind die Gesamtkosten ein Entscheidungskriterium?

Nein – das ist ein eindeutig populistisches Argument. Wenn dieses Argument richtig wäre, wären auch alle anderen Neubaustrecken nie gebaut worden. Entscheidend ist der Nutzen.

Das Nutzen-Kosten-Verhältnis

Entscheidend ist das Nutzen-Kosten-Verhältnis. Die dazu derzeit verwendete „Standardisierte Bewertung“ wird in vieler Hinsicht kritisiert. Ein hohes Gewicht hat in den Berechnungen der Fahrzeitgewinn. Aus diesem Grund ist zuletzt 2010 der Ausbau der Bestandsstrecke als nicht wirtschaftlich verworfen worden, weil damit keine Fahrzeitverkürzung im Fernverkehr erzielbar ist.
Unabhängig von diesen Berechnungen zeigt aber allein die Betrachtung der Anzahl der Fahrgäste, die über diese Strecke fahren bzw. fahren würden, dass die Beschleunigung der Fahrt sinnvoll ist: Mit über 12 Millionen Fahrgästen jährlich ist diese Verbindung – genau wie die Verbindungen Hamburg – Hannover und Würzburg – Nürnberg – eine der am stärksten nachgefragten Fernverkehrsverbindungen in Deutschland, die noch nicht für den Hochgeschwindigkeitsverkehr ausgebaut ist. Diese Daten finden Sie auf den Seiten 146 und 148  des Abschlussberichts zum Deutschlandtakt vom 31.8.2021, herunterzuladen über die Website zur Bundesregierung zum Deutschlandpakt > Medien > Downloads.Verkehrsprognose Diese Grafik zeigt die Verkehrsprognose für den Deutschlandtakt. Die Pfeile zeigen die drei wichtigsten Strecken, die noch nicht für den Hochgeschwindigkeitsverkehr ausgebaut sind. Quelle: Abschlussbericht Deutschlandtakt.

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