Die im Zielfahrplan 2030+ vorgesehene Fahrzeit Hannover – Wolfsburg von 29 Minuten ist ohne weitere Ausbaumaßnahmen erreichbar. Der Bau eines viergleisigen Abschnitts von Dollbergen bis Gifhorn, der dem Zielfahrplan 2030+ zugrunde liegt, ist aus dem Deutschlandtakt gestrichen worden (Nr. 24 der Liste „Infrastrukturliste: Nicht bedarfsplanrelevante Maßnahmen“). Was bedeutet das? Die Fahrplanlage der Züge Bielefeld – Hannover ist nicht mehr an einen viergleisigen Ausbau-Abschnitt zwischen Dollbergen und Gifhorn gebunden. Die Aufgabenträger des Nahverkehrs sollen ein drittes und viertes Gleis selbst bezahlen, wenn sie einen dem Deutschlandtakt entsprechenden Fahrplan möglich machen wollen.
Der gegenwärtige Zustand
Fernverkehr:
Zwischen Hannover und Wolfsburg benötigen ICE-Züge heute in der Regel 32 Minuten. Diese Fahrzeit ist von der Leistungsfähigkeit der ICE-Baureihe 2 abgeleitet. In Einzelfällen sind aus dem Fahrplan auch Fahrzeiten von 31 und 30 Minuten ersichtlich, die mit stärker motorisierten Fahrzeugen erreicht werden. Da der Zielfahrplan 2030+ auf der Leistungsfähigkeit der ICE-Baureihe 3 beruht, dürfte die Fahrzeit von 29 Minuten mit diesem Fahrzeugtyp ohne wesentliche Ausbauten erreichbar sein.
Regionalverkehr:
Das Gifhorner Kreuz besteht aus den Bahnstrecken Hannover – Wolfsburg und Braunschweig – Uelzen. Sie treffen sich im Bahnhof Gifhorn (früher Isenbüttel-Gifhorn)
Die Strecke Braunschweig – Uelzen ist eingleisig. Derzeit wird sie so ausgebaut, dass sie halbstündlich befahren werden kann. Dafür werden die Haltepunkte Röttgersbüttel und Braunschweig-Kralenriede so ausgebaut, dass dort Zugkreuzungen möglich sind. Derzeit finden die Zugkreuzungen in Röttgersbüttel statt. Der Bahnhof, in dem sich diese Linie mit der Linie Hannover – Wolfsburg kreuzt, liegt dazwischen und wird aus Richtung Braunschweig etwa zur Minute 20 und in Richtung Braunschweig zur Minute 40 bedient. Mithin ist der Bahnhof Gifhorn kein integraler Taktknoten. Die Züge der Regionallinie Hannover – Wolfsburgverkehren stündlich und halten in Gifhorn etwa zur Minute 30. Damit werden Richtungsanschlüsse nach Gifhorn Stadt und weiter nach Uelzen hergestellt. Eine Haltezeit von 4 Minuten ermöglicht Überholungen durch andere Züge. Dieser Fahrplan ist nur stündlich fahrbar, da im halbstündlich versetzten Fahrplan Fernverkehrszüge überholen müssen. Dies ist an den Fahrplänen der Verstärkerzüge zu Spitzenzeiten ersichtlich, die nicht im Takt verkehren können.
Welches Ziel hat der Zielfahrplan 2030+ verfolgt?
• Die Regionalzüge Hannover – Wolfsburg sollen halbstündlich verkehren.
• ICE-Züge sollen halbstündlich verkehren.
• Es sollen je Stunde und Richtung vier ICE möglich sein.
Das weitere Ziel, aus Gifhorn einen integralen Taktnoten zu machen, entspricht nicht dem Ziel des zuständigen Bestellers des SPNV.
Was hatte der Zielfahrplan 2030+ als Baumaßnahme vorgesehen?
Aus Unterlagen zum 2. Entwurf des Zielfahrplans geht hervor, dass eine Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h statt heute 200 km/h für ICE- und IC-Züge vorgesehen war. Diese Anforderung ist in den heute verfügbaren Unterlagen nicht mehr ersichtlich und im Maßnahmenkatalog nicht enthalten. Der Grund dürfte darin liegen, dass die vorgesehene Fahrzeit von 29 Minuten auch ohne wesentlichen Ausbau erzielbar ist.
Der Abschnitt Dollbergen – Gifhorn (ca. 27 km) sollte viergleisig ausgebaut werden.
Dann könnten ZWEI ICE den Regionalzug überholen UND diese Regionalzüge können halbstündlich verkehren.
Der ICE braucht für die Überholstrecke 6 bis 8 Minuten, der Regionalzug 15 Minuten.
Damit können die ICE nicht zu beliebiger Zeit verkehren, sondern nur in einem kleinen Zeitfenster. Dieses Zeitfenster determiniert die Fahrplanlage des Fernverkehrs wie des Nahverkehrs.
Die nebenstehende Grafik zeigt die geografische Lage des viergleisigen Abschnitts.
Der nebenstehende Bildfahrplan stellt die Zugfahrten von Hannover nach Wolfsburg als Zeit-Weg-Diagramm dar. Linien, die sich kreuzen, stellen Überholungen dar. Die gelb unterlegte Fläche kennzeichnet den notwendigen viergleisigen Abschnitt. Der Bildfahrplan zeigt, dass die Überholungen im viergleisigen Abschnitt stattfinden sollen.
Der Fahrplan des Nahverkehrs Hannover – Wolfsburg gemäß Zielfahrplan ist nicht fahrbar!
Warum ist der Ausbau aus dem Deutschlandtakt gestrichen worden?
Darüber kann man spekulieren. Die Maßnahme dürfte als „unwirtschaftlich“ berechnet worden sein, weil für den Fernverkehr keine Fahrzeitverkürzung erzielt wird und für den Güterverkehr (insbesondere zum VW-Werk) kein ausreichender Bedarf gesehen wurde.
Hinweis: Der Zielfahrplan und die Erläuterungen von SMA (Seite 68 des Abschlussberichts, Endfassung) enthalten das dritte und vierte Gleis weiterhin. Im Gegensatz dazu haben die wirtschaftlichen ‚Betrachtungen des Gutachters Intraplan das 3. und 4. Gleis als nicht erforderlich herausgearbeitet und aus der Maßnahmenliste entfernt. Die Unterlagen von SMA sind aber nicht nachbearbeitet worden. Eine offizielle Erklärung in diesem Sinne gibt es nicht. Der Ablauf der Prüfungen legt aber die vorstehende Deutung sehr nahe.
Ist es sinnvoll, den Abschnitt Hannover – Wolfsburg auf 300 km/h auszubauen? Eine Fahrzeitverkürzung von 5 Minuten wäre möglich. Ob diese Investition sinnvoll und notwendig ist, ergibt sich erst, wenn die Fahrzeit Hannover – Bielefeld definitiv feststeht. Nach dem Stande der Entwicklung der Trassen ist die Fahrzeit von 31 Minuten erreicht.
Das heißt nicht, dass eine Fahrzeitverkürzung Hannover – Wolfsburg obsolet ist. Für den Deutschlandtakt kommt es entscheidend darauf an, die Fahrzeit Hamm zu kürzen, damit die Knoten Hamm und Berlin verbunden werden. Wo und wie die Fahrzeitverkürzung erzielt wird, ist eine Frage der Feinabstimmung des Deutschlandpakt, für die SMA keine Varianten vorgelegt hat.
Haben Sie Fragen, die hier nicht beantwortet werden?
Schreiben Sie an frage@neubaustrecke-bielefeld-hannover.de.