Priorität im Deutschlandtakt

Welche Priorität hat die Neubaustrecke Bielefeld – Hannover im Deutschlandtakt?

Die Priorität ist als sehr hoch einzuschätzen. Offizielle Informationen gibt es dazu nicht. Eine Übersicht über die Großprojekte lässt aber auf eine sehr hohe Priorität schließen.

Engpass-Beseitigung UND Fahrzeitverkürzung

Die zwei fehlenden Gleise zwischen Minden und Wunstorf werden immer stärker von Fernverkehrszügen benötigt. Bereits seit Ende 2021 verkehren täglich 3 ICE-Sprinter ohne Halt von Köln nach Berlin zusätzlich zum stündlichen ICE-Angebot. Ab 2023 soll zweistündlich das heute mit Flügelzügen bestehende Angebot Berlin – Köln / Düsseldorf durch zwei parallel fahrende ICE ersetzt werden. Der Einsatz von immer mehr Fernverkehrszügen führt zu Konflikten mit dem Regional- und S-Bahn-Verkehr. Darüber hinaus verlangt der Wettbewerber Flixtrain immer wieder zusätzliche Trassen.
Der Deutschlandtakt gegenüber 2021 sieht eine Verdoppelung des ICE-Angebots vor: Halbstündlich Hamm – Berlin, stündlich Osnabrück – Berlin, zweistündlich Hamm – Hamburg. Damit ist der Streckenabschnitt Minden – Wunstorf ein Engpass, der vordringlich für den schnellen Personenverkehr zu beseitigen ist.
Ein weiterer gravierender Engpass besteht für die S-Bahn Hannover zwischen Seelze und Wunstorf. Der S-Bahn-Takt kann auf einen 15-Minuten-Takt bis Wunstorf und einen Halbstundentakt bis Minden und Nienburg nur verdichtet werden, wenn die schnellen Fernverkehrszüge auf eine Neubaustrecke verlagert werden.
Der Kapazitätsengpass im Güterverkehr ist nicht so gravierend, da bereits Entlastungen auf den Routen Paderborn – Kurve Kassel – Halle und Paderborn – Elze – Hameln – Braunschweig in Planung sind.
Die Verkürzung der Fahrzeit ist eher ein Nebeneffekt. Wenn schon viel Geld ausgegeben werden muss, um den Engpass zu beseitigen, dann kann mit einem Mehrbetrag auch eine Fahrzeitverkürzung erreicht werden. Die Fahrzeitverkürzung erhält erst ihr Gewicht durch die Einpassung in den Deutschlandtakt. Zugleich ist die Fahrzeitverkürzung wiederum der Gesichtspunkt, der die Beseitigung des Engpasses wirtschaftlich macht.

Verhältnis zu anderen Großprojekten im Bundesverkehrswegeplan 2030 und für den Deutschlandtakt

Die Neubaustrecken Hamburg – Hannover und Hannover – Bielefeld sind bereits im Grundsatz im Bundesverkehrswegeplan 2030 genannt und im Bundesschienenwegeausbaugesetz bestätigt. Beiden Projekten ist gemeinsam, dass der Deutschlandtakt die Anforderungen an Kapazität und Zielfahrzeit gegenüber dem Bundesverkehrswegeplan erheblich heraufgesetzt hat.
Während der Planungsauftrag für Hamburg – Hannover schon vor geraumer Zeit erteilt wurde, bevor der Deutschlandtakt als Zielfahrplan in seiner jetzigen Fassung veröffentlicht wurde, ist der Planungsauftrag für Hannover – Bielefeld der erste, der auf der Basis des Deutschlandtakts neu erteilt wurde.
Mit der gleichzeitigen Beseitigung eines Engpasses und einer erheblichen Fahrzeitverkürzung hat das Projekt daher eine Priorität, die der der Strecken Mannheim – Frankfurt und Hamburg – Hannover entspricht. Andere Projekte des Deutschlandtakts fallen demgegenüber in der Priorität ab (Nürnberg – Würzburg und Knoten Stuttgart: Engpass nicht so gravierend, Aschaffenburg – Würzburg: deutlich geringere Belastung).