Stellungnahme zur Widuland CO₂-Studie

CO₂-Studie zur Neubaustrecke Hannover – Bielefeld:
Weniger als die halbe Wahrheit
Mit Zahlen von vorgestern gegen Projekte der Zukunft

Fazit: Mit „grünem“ Stahl und „grünem“ Strom bricht das Zahlenwerk wie ein Kartenhaus zusammen, denn es beruht auf Kohle für Hochöfen und Kraftwerke und Diesel für Lastwagen! Bei unbedarften Bürgern und ahnungslosen Abgeordneten wird ein solches „Gutachten“ Aufsehen erzeugen, im Bundesverkehrsministerium nur Kopfschütteln. Dieses Papier reiht sich in eine endlose Reihe von unqualifizierten Papieren, die es schwer machen, die Eisenbahn zukunftsfähig zu machen – aber mehr nicht erreichen.

Wie man mit Halbwahrheiten die Bürger täuscht, demonstriert auch dieses Video. Auch die Bürgerinitiative Widuland folgt diesem Prinzip.

Die Halbwahrheiten

Kohle für die Produktion von Stahl – auch noch im Jahr 2933?

Seite 9:
„Da die Energie für die Stahlproduktion primär aus fossilem Koks stammt, fallen für die Produktion von 1 t Rohstahl etwa 2 t CO₂ an.”

Kommentar:
Mit dieser Aussage wird der Grundstein für eine grundlegende Fehleinschätzung der Emissionen gelegt. Stahl kann grundsätzlich auch auf der Grundlage des Einsatzes erneuerbarer Energien erzeugt werden.
Zum Stand der Entwicklung von „grünem Stahl“
https://detektor.fm/wissen/mission-energiewende-gruener-stahl
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/technologie/gruener-stahl-thyssenkrupp-100.html
Daher ist es grundsätzlich unseriös, für ein Bauwerk, das erst in 10 Jahren Stahl benötigt, CO₂-Werte alter Produktionsformen anzusetzen. Setzt man grünen Stahl für den Bau an, so bricht das gesamte Gutachten wie ein Kartenhaus zusammen!

Diesel-Laster – auch noch in 2033?

Seite 18 Anmerkung 9:

„Für den Erdaushub wurde der CO₂-Fußabdruck je Kubikmeter berechnet, indem Annahmen über den Abtransport mit gängigen Baufahrzeugen gemacht wurden. Es wurde unterstellt, dass der Transport über eine Entfernung von durchschnittlich 10 km erfolgt und dass die Fahrzeuge für diese Strecke je m³ Aushub rund 0,5 l Diesel
verbrauchen.“

Kommentar:
Wenn die Bundesregierung richtig agiert, werden diese Lastwagen im Jahre 2033 mit grünem Strom fahren. Denn für Kurzstrecken eignet sich Elektromobilität bestens und wird bald verfügbar sein. Nur für Langstrecken wird noch lange mit fossilen Energien gefahren werden müssen, weil Wasserstoff zu teuer ist und Batterien zu schwer sind.

Zwischen Hamm und Bielefeld kann alles so bleiben, wie es ist?

Seite 31:
„Auf der Basis des Vorschlags von WiduLand sind keine Änderungen im Streckenabschnitt Hamm – Bielefeld erforderlich.“

Kommentar:
Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, dass das nicht zutrifft. Auf den Gütergleisen sind bald Schienen, Weichen und Elektrifizierung zur Erneuerung fällig, diese wird mit dem Umbau erspart. Daneben sind die heutigen Personengleise überlastet und Regionalzüge und ICE müssen getrennt werden, damit sie sich nicht behindern. Dafür müssen die Gütergleise entweder für 200 km/h umgebaut oder mit Bahnsteige versehen werden. Es ist durchaus gefährlich, als „Gutachter“ Aussagen nachzuplappern und darauf Berechnungen aufzubauen. Und das ist nicht die einzige Stelle, an der das geschieht.

Strommix von 2018 für Züge von 2043?

Ab Seite 32 verstrickt sich Dr. Radermacher dann heillos in Spekulationen. Diese beruhen darauf, dass der Energiemix des Jahres 2019 den CO₂-Ausstoß der elektrischen Bahn von 2043 maßgeblich sei (vorher wird kein Zug fahren!). Radremacher spekuliert, dass eine Million Reisende mehr gewonnen werden könnten, rechnet im Ergebnis aber nicht aus, wie hoch die Einsparung ist. Stattdessen werden CO₂-Werte des Baues pro Kilometer Neubaustrecke auf neue Fahrgäste pro Kilometer Neubaustrecke umgelegt. Der kardinale Fehler: Die neuen Fahrgäste fahren durchschnittlich 250 Kilometer weit und also 170 Kilometer auf schon vorhandenen Strecken und sparen auch dort Pkw-Energie. Der Wert von Radermacher ist viel zu hoch.

Und: Radermacher setzt sich mit keinem Wort mit dem Abschlussbericht zum Deutschlandtakt auseinander, der genau die gleichen Überlegungen anstellt, nur aufgrund einer umfassenden Abschätzung des Verkehrszuwachses. Dieser Abschlussbericht ist auf der Seite www.deutschlandtakt.de herunterzuladen, die Fahrgastzahlen stehen auf Seite 150 bis 153, und weiter hinten finden sich auch die weiteren Berechnungen. Kann Dr. Radermacher das alles besser?

Auch die Bundesregierung hat eine CO₂-Bilanz erstellt:

„Die Bundesgutachter haben die Treibhausgas-Emissionen in PRINS berücksichtigt. Dabei werden Durchschnittswerte für Emissionen im Bau angesetzt und über die Lebensdauer mit dem verkehrlichen Nutzen des Projekts verglichen. Das Projekt spart je Jahr 40.000 t CO₂–Äquivalente einschließlich Bau und Betrieb durch die Verlagerung von Verkehr auf die Schiene. Das wird im Zuge der Parlamentarischen Befassung konkretisiert.“<<<<<<<<<<<<<<<<Quelle: Deutsche Bahn AG, Folien zum 7. Plenum, 31.1.2023, Seite 23:

https://www.hannover-bielefeld.de/sites/default/files/2022-01-31_h-bi_7_plenum-folien_02.pdf

PRINS:

https://www.bvwp-projekte.de/schiene_2018/2-016-V02/2-016-V02.html