Alternativen zur Neubaustrecke Bielefeld – Hannover

Welche Alternativen zur Neubaustrecke Hannover – Bielefeld gibt es und was kann eine Prüfung bringen? Nichts. Denn einige Alternativen sind schon aus guten Gründen verworfen worden, und alle anderen können die Hürde der Wirtschaftlichkeit nicht überspringen.

Die aktuelle Meldung zur Prüfung der Alternativen

Der Westdeutsche Rundfunk und auch lokale Zeitungen melden:

Zitat:

Das Bundesverkehrsministerium muss jetzt konkret eine Studie in Auftrag geben, die die Alternativen zum Neubau zwischen Bielefeld und Hannover prüft. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat jetzt eine Million Euro für ein Gutachten bereitgestellt. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler aus Minden-Lübbecke hatte sich im Rahmen der Haushaltsberatungen zum Etat des Verkehrsministeriums mit der ICE-Trasse beschäftigt. Er beantragte, dass das Ministerium Forschungsaufträge vergeben solle, die im Hinblick auf den Deutschland-Takt auch alternative Maßnahmen, Technologien und Methoden prüfen.

Und auch hier wird ins Spiel gebracht, die Korridor-Sanierung zu nutzen, die für 2030 geplant ist:

Zitat:

Der Beschluss könnte auch wichtige Erkenntnisse liefern, die dann bei der geplanten Korridor-Sanierung zwischen Minden und Hannover umgesetzt werden könnten. Der Bund plant 40 Korridore der Bahn in ganz Deutschland bis einschließlich 2030 zu sanieren. Dazu investiert der Bund bis zu 80 Milliarden Euro in den nächsten sieben Jahren.

Bisher hat die DB die Planung des Ausbaues nicht weitergeführt, weil das Ziel des D-Takts von 31 Minuten Fahrzeit nicht erfüllbar ist. Unterlagen sind auf der Website der DB unter „Dialog“ in mehreren Regionaltreffen verfügbar.

Das voraussehbare Ergebnis: Der Deutschlandtakt fordert deutlich weniger Fahrzeit als 41 Minuten

In Deutschland besteht sowohl westlich wie östlich der Neubaustrecke Hannover – Bielefeld bereits ein funktionierender integraler Takt mit Knoten zur Minute 0 und 30. Lediglich die Fahrzeit Hamm – Hannover passt nicht in diesen Takt, sie beträgt 76 Minuten. Bei einem auf Halbstundentakt beruhenden Fahrplan muss die Fahrzeit – einschließlich Umsteigezeiten – 60 Minuten betragen. Dabei ist der Knoten Hannover strukturell nicht der maßgebliche Taktknoten, sondern Magdeburg im Osten und Münster im Westen.

Da es sich um ein mathematisches Problem handelt, gibt es grundsätzlich nur eine Lösung: die Verkürzung auf eine Fahrzeit von 60 Minuten (sogenannte „Kantenzeit“). Da Fahrgäste umsteigen sollen, ist diese Zeit zu berücksichtigen. Dies führt zu der Erkenntnis, dass die reine Fahrzeit Hamm – Bielefeld 54 Minuten betragen muss, damit insbesondere der Anschluss nach Münster und nach Magdeburg hergestellt werden kann. Die Fahrzeitberechnung unter Einschluss des Halts Bielefeld ergibt sodann, dass die reine Fahrzeit Hannover – Bielefeld 31 Minuten betragen muss.

Eine längere Fahrzeit wäre nur möglich, wenn östlich von Hannover investiert wird. Diese Fahrzeitreserve beträgt 5 Minuten und steht insoweit zur Verfügung, als zwischen Lehrte und Wolfsburg auch 300 km/h (heute 200 km/h) und zwischen Lehrte und Braunschweig 160 km/h (heute 140 km/h möglich sein sollte und die Investitionen hierfür moderat und wirtschaftlich vertretbar erscheinen. Das würde eine vertiefte Prüfung rechtfertigen.
Werden diese 5 Minuten überschritten, so sind jenseits von Berlin und jenseits von Braunschweig Investitionen notwendig. Diese führen unweigerlich dazu, dass eine Neubaustrecke mit vielen Tunneln erforderlich ist.  Es bedarf eigentlich keiner Erklärung, dass eine Neubaustrecke Braunschweig – Helmstedt wesentlich weniger wirtschaftlich ist als zwischen Hannover und Bielefeld, da zwischen Hannover und Bielefeld 6-mal mehr Fahrgäste allein im Fernverkehr davon profitieren.

Welche Alternativen zur Neubaustrecke Hannover – Bielefeld gibt es und wie sind sie zu bewerten?

* Ausbau der Bestandsstrecke 1:1 mit einer Fahrzeit von 48 Minuten. Dieser stand im Bundesverkehrswegeplan 2003 und wurde 2010 als unwirtschaftlich aus dem Programm genommen. Diese Bewertung finden Sie hier. Eine weiterführende Erläuterung ist hier zu finden. Wesentliches Hindernis für eine positive Bewertung ist die mangelhafte Kapazität der niveaugleiche Verzweigung in Wunstorf nach Bremen und Minden und die fehlende Fahrzeitverkürzung.
* Bau einer reinen Güterzug-Neubaustrecke. Mehr dazu hier. Wesentliches Hindernis für eine positive Bewertung ist die fehlende Fahrzeitverkürzung.
* Porta-Tunnel: Bundesverkehrswegeplan Projekt 2-016-V01: > zusätzliche Gleise im Korridor Seelze – Porta Westfalica / Bad Oeynhausen, Vmax 230 km/h, mit Fernverkehrsanbindung Minden u. Engpassbeseitigung in den Knoten Minden u. Wunstorf; Ertüchtigung von 2 der 4 vorhandenen Gleise Porta Westfalica – Bad Oeynhausen – Löhne (Westf.) auf Vmax 180 km/h, Als Konzeptentwurf zur Bewertung der 2 zusätzlichen Gleise im Korridor Seelze – Porta Westfalica / Bad Oeynhausen wurde eine 2-gleisige NBS Abzw. Letter – Lindhorst, 3. u. 4 Gleise Lindhorst – Abzw. Echtorf, 2-gleisige NBS Abzw. Echtorf – Porta Westfalica betrachtet.<
Dieses Projekt war Gegenstand des Zielfahrplans 2030. Diese Variante sollte eine Fahrzeit von 41 Minuten bringen. Bei Baukosten von 2 Mrd. Euro wurde ein Nutzen-Kosten-Quotient von 2,0 erzielt. Diese Variante wurde in der Region bekämpft und aufgrund der schlechten Verknüpfung des Fernverkehrs im Rhein-Ruhr-Raum im Zuge der Entwicklung des Deutschlandtakts verworfen. Die Fahrzeit von 41 Minuten wurde also verworfen, weil kein sinnvoller Deutschlandtakt erreichbar ist.
* Verkürzte Neubaustrecke Bad Oeynhausen – Seelze:
Diese wurde von Schüßler Plan als Variante 3 und 4 untersucht und soll eine Fahrzeit von 34 bzw. 37 Minuten möglich machen. Mehr dazu hier. Beide Varianten erfordern zum einen massive Eingriffe in Gewerbe- und Naturschutzgebiete in Porta Westfalica, zum anderen aber auch Investitionen östlich von Hannover, die die eingesparten Kosten durch Verkürzung der Neubaustrecke mindestens aufwiegen. Ökologische Daten und Wirtschaftlichkeit werden in Summe schlechter ausfallen als für eine lange Neubaustrecke.
* Neubaustrecke nach Widuland:  Die Bürgerinitiative Widuland hat eine teilweise Neubaustrecke Minden – Seelze vorgeschlagen, die eine Fahrzeit von 41 Minuten erbringen soll. Die Bewertung lesen Sie hier. Der von Widuland aufgestellte Fahrplan ist in den Deutschlandtakt nicht integrierbar, weil die Fahrzeit Münster – Magdeburg nicht verkürzt werden kann.
* Einsatz von Neigetechnik:
Die Bewertung lesen Sie hier. Der Einsatz von Neigetechnik würde zwar die Fahrzeit Hannover – Bielefeld auf 31 Minuten verkürzen können, aber nur mit einer Neubaustrecke Minden – Wunstorf auf direktem Wege für 300 km/h, die ökologisch nicht vertretbar ist. Damit wäre auf einer europäischen Magistrale die Interoperabilität ausgeschlossen, da Standard-Fahrzeuge die gewünschte Fahrzeit nicht erreichen können.

Wie wird die Bundesregierung vorgehen?

Die Bundesregierung wird voraussichtlich das Gutachterbüro SMA beauftragen, einen Fahrplan vorzulegen, der – ausgehend vom Knoten Hamm – die Fahrzeit von 41 Minuten enthält und zeigt, welche Anschlüsse dadurch im Osten verloren gehen. Der Fahrplan mit veränderten Fahrzeiten nach Westen liegt bereits vor und kann hier heruntergeladen werden.