Der Einsatz von Neigetechnik in der Relation Köln – Berlin ist keine Alternative zu einer Neubaustrecke zwischen Bielefeld und Hannover. Die diesbezüglichen Darlegungen von Rudolf Breimeier (Eisenbahn Revue International 5/2023 Seite 237 ff.) sind in vieler Hinsicht fehlerhaft und halten einer Nachprüfung nicht stand. Neben den fachlichen Fehlern ist entscheidend: Der Bau von teurer Infrastruktur, die von bestimmter Fahrzeugtechnik abhängig macht, ist politisch und wirtschaftlich nicht verantwortbar.
Der Wunsch, dass mit Neigetechnik und neuer Signaltechnik mehr Kapazität erreicht werden könne, ist nur eine Wunschvorstellung – die technischen Fakten besagen das Gegenteil.
Vorbemerkung
1. Rudolf Breimeier hat in einem Fachartikel behauptet, Neigetechnik sei eine geeignete Lösung, um eine Fahrzeit von 31 Minuten zwischen Bielefeld und Hannover herzustellen. Breimeier ist ein profunder Kenner technischer und wirtschaftlicher Zusammenhänge des deutschen Eisenbahnwesens. Seine Darlegungen zur Verbesserung des Verkehrs zwischen Hamburg und Hannover und der dort notwendigen Neubaustrecke sind wegweisend, sie finden in der Fachwelt weitgehend Anerkennung und Zustimmung. Allerdings handelt es sich hier um eine Flachstrecke ohne Tunnel und große Brücken, und für den Deutschlandtakt spielt die exakte Fahrzeit auch keine wesentliche Rolle, sodass Breimeier sich mit dem Deutschlandtakt nicht auseinandersetzen musste. Die Gestaltung der Verbindung Köln – Berlin und die Neubaustrecke Bielefeld – Hannover sind hingegen fahrplantechnisch abgeleitet, diese Fahrplan-Beziehungen sind aber weit komplexer, als Breimeier es wahrnimmt. Die Überarbeitung der Fahrpläne nach den Vorschlägen von Breimeier würde offenlegen, dass der Einsatz der Neigetechnik gravierende Nachteile mit sich bringt.
2. Seit dem Beschluss über das Beschleunigungsgesetz verfolgt die FDP das Ziel, mit Neigetechnik die vom Deutschlandtakt vorgegebene Fahrzeit von 31 Minuten zu erreichen und dadurch höhere Kapazitäten über die Bestandsstrecke zu schaffen.
Neigetechnik
Neigetechnik dient dazu, die technisch mögliche Geschwindigkeit in Kurvenradien für den Reisenden komfortabel zu machen. Anders ausgedrückt: technisch sind die höheren Geschwindigkeiten von Neigezügen auch ohne Neigung kein Problem. Es gibt Züge, deren Lokomotive nicht geneigt wird, während die Wagen geneigt werden (Talgo, X 2000). Die Fahrt in solchen Zügen wäre ohne Neigung jedoch wegen der Seitenbeschleunigung für den Reisenden unkomfortabel, sodass das Fahrzeug so geneigt wird, dass ein großer Teil der Seitenbeschleunigung für den Fahrgast gefühlt nach unten wirkt.
Die Seitenbeschleunigung kann durch die Lagerung des Fahrzeugs (passive Neigetechnik, insbesondere System Talgo) erreicht werden. Es ist auch möglich, das Fahrzeug aktiv zu neigen (Regionaltriebwagen 610, 611, 612, ICE-T). Gegenwärtig wird diese Technik in Deutschland nur noch von Triebwagen der Baureihe 612 genutzt. Die aktive Neigetechnik ermöglicht höhere Geschwindigkeiten als die passive Neigetechnik.
Neigetechnik vermindert Kapazität
Neigetechnik führt zur Herabsetzung der
Kapazität im Bahnverkehr. Je höher die Differenz der Geschwindigkeiten auf Bahnstrecken
mit Mischverkehr ist, umso mehr sinkt die Kapazität. Die Harmonisierung der
Geschwindigkeiten erhöht hingegen die Kapazität. Das ist ein einfaches Prinzio der Physik, das an einer bildichen Darstellung von Weg-Zeit-Linien zu sehen ist.
Neigetechnik auf europäischen Magistralen?
Die Verbindungen Amsterdam – Berlin und Ruhrgebiet – Berlin gehören zu den transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsnetzen (TEN-V).
Der freizügige, europaweite Einsatz von Fahrzeugen ohne technische Restriktionen ist das Ziel der EU. Daher verbietet es sich, Neubaustrecken so auszulegen, dass sie nur mit speziellen Einrichtungen wie Neigetechnik optimal genutzt werden können.
Für Wettbewerber der Deutschen Bahn und europaweit agierende Unternehmen ist es so gut wie nicht wirtschaftlich machbar, entsprechende Fahrzeuge zu beschaffen, sei es, dass sie durchgehende Verbindungen in europäischer Dimension oder Züge für preissensible Reisende anbieten wollen. Solche Züge können den Geschwindigkeitsvorteil nicht nutzen. Dies gilt auch in Fällen, in denen ein außerordentlicher Bedarf an Verkehrsleistungen zu decken ist, für den dann ebenfalls nicht die gleichen Fahrzeiten wie mit dem Grundtakt zur Verfügung gestellt werden können.
Daraus kann sich auch ergeben, dass EU-Mittel für transeuropäische Netze nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung stehen.
Neigetechnik: Spezialfahrzeuge, fragwürdige Wirtschaftlichkeit
Die aktive Neigetechnik ermöglicht höhere Geschwindigkeiten, ist aber technisch sehr viel anspruchsvoller und das Fahrzeug ist teurer. Passive Neigetechnik hat insofern Vorteile, als auch für Hochgeschwindigkeitszüge Fußbodenhöhen im gesamten Zug auf der Basis der Bahnsteighöhe von 760 mm (deutscher Standard) möglich sind. Solche Züge werden von der Deutschen Bahn derzeit für die Verbindung Amsterdam – Berlin und für Verbindungen in touristische Ziele beschafft. Bei der Entscheidung für die Beschaffung spielte aber die Neigetechnik keine Rolle.
Insofern sind Neigezüge immer Spezialfahrzeuge, die nur dort beschafft werden, wo ihr einsatztechnisch notwendig ist. Daraus ergeben sich gravierende wirtschaftliche Nachteile gegenüber konventionellen Fahrzeugen:
- Der Deutschlandtakt setzt auf eine sehr große, einheitliche Flotte von Hochgeschwindigkeitszügen, die dem Leistungsstandard des ICE drei entsprechen und die daher wirtschaftlich zu beschaffen und zu unterhalten sind.
- Fahrzeuge mit passiver Neigetechnik werden nur von Talgo angeboten, in dessen Hand auch die Patente hierfür liegen. Wenn Infrastruktur auf solche Fahrzeuge ausgelegt wird, begibt sich der Betreiber in die Hand eines Monopols.
- Züge mit aktiver Neigetechnik und der Leistung eines ICE3 sind nicht im Angebot. Diese müssen erst entwickelt werden. Auch hier droht die Abhängigkeit von einem Monopol.
- Als Nischenprodukte sind Neigetechnik-Fahrzeuge grundsätzlich teurer als Fahrzeuge in großen Serien.
- Fahrzeuge müssen in Zyklen von 25 bis 30 Jahren nach beschafft werden. Bei Spezialfahrzeugen musste die Erfahrung gemacht werden, dass Anbieter wegen zwischenzeitlich mangelnder Nachfrage die Produktion einstellen und dann Fahrzeuge gar nicht mehr nachbeschafft werden können oder mit hohen Kosten neu konstruiert werden müssen. Als Beispiel sei hier die Wuppertaler Schwebebahn genannt: Für die Beschaffung der neuen Fahrzeuggeneration konnte nur nach großer Mühe ein Hersteller gefunden werden, der bereit war, die Fahrwerke neu zu konstruieren und herzustellen. Damit sind die von Breimeier genannten Mehrkosten des Neigetechnik-Betriebs von 5,5 % schon für die erste Fahrzeuggeneration deutlich zu niedrig angesetzt.
- Neigetechnik für Doppelstockzüge war in der Schweiz im Einsatz, hat sich aber nicht bewährt. Konventionelle Doppelstockzüge für Hochgeschwindigkeit sind hingegen in Frankreich im Einsatz.
Fahrzeugflotte falsch berechnet
Breimeier legt für die Anwendung von Neigezügen nur die Verbindung zwischen Köln über Hagen nach Berlin zugrunde und kommt auf einen Fahrzeugbedarf von 26 Halbzügen = 13 Vollzügen. Diese Anzahl ist nicht nachvollziehbar. Die Fahrzeit Köln – Berlin Südkreuz beträgt nach Breimeier 3:36 h, die Umlaufzeit 9 Stunden = 9 Zugeinheiten ohne Reserve. Benötigt werden Fahrzeuge aber auch für die Relation Düsseldorf – Berlin in gleicher Anzahl sowie für den Sprinter Köln – Hamburg über Bielefeld. Sollte ein Durchlauf der Linien, wie im Deutschlandtakt für die Linien Berlin – Düsseldorf und Köln – Hamburg vorgesehen, gewünscht sein, so vermehrt sich die Anzahl der Fahrzeuge entsprechend. Die Verdichtung des nur zweistündlich eingeplanten Sprinters Köln – Hamburg (siehe hier) erhöht den Fahrzeugpark weiter. Mit dieser Feststellung verlieren alle Darlegungen von Breimeier zur Wirtschaftlichkeit ihre Grundlage.
Bedingungen Köln – Hagen – Hamm falsch eingeschätzt
Breimeier meint, durch Einsatz der Neigetechnik ließe sich ein Fahrzeitgewinn auch im Abschnitt zwischen Köln und Hamm realisieren. Diese Einschätzung ist unter den Bedingungen des integralen Taktfahrplans unzutreffend.
Bei der Strecke Hamm – Köln handelt es sich um eine Mischverkehrsstrecke. Hier sollen verkehren:
- ungefährer Halbstundentakt ICE/IC
- stündlich 1 bis 4 schnelle Regionalzüge in unterschiedlichen Relationen,
- stündlich 2 S-Bahnen (Solingen – Gruiten),
- stündlich 2 Regionalzüge Holzwickede – Unna,
- stündlich 2i bis 4 Güterzüge, davon 2 Güterzüge über die Gesamtstrecke.
Damit ergibt sich abschnittsweise eine Belastung mit bis zu 9 Zügen je Stunde und Richtung bei sehr unterschiedlichen Abhängigkeiten von Knoten und Infrastruktur. Dabei spielen der eingleisige Abschnitt Gruiten – Düsseldorf und die nicht kreuzungsfreie Verbindung Dortmund – Soest eine besondere Rolle. Eine freie Gestaltung der Fahrpläne ist nicht möglich.
Da diese Verbindungen bereits in jeder Hinsicht optimiert sind, ist der heutige Fahrplan praktisch uneingeschränkt in den Deutschlandtakt übernommen worden. Die Beschleunigung der Fernverkehrslinie Köln – Berlin würde nicht nur den Halbstundentakt im Fernverkehr zwischen Köln und Hagen brechen, sondern auch für den Regionalverkehr ganz erhebliche Wirkungen entfalten, sodass es gute Gründe dafür gibt, warum der Gutachter des Deutschlandtakts diesen hoch belasteten Abschnitt nicht angefasst hat. Im Übrigen hat auch bisher keiner der Kritiker des Neubauprojekts versucht, für das Ruhrgebiet andere Fahrpläne zu fordern.
Konkret ergibt sich:
In Hagen, Wuppertal und Köln werden keine relevanten Anschlüsse neu hergestellt.
Vor Köln läuft der ICE auf den vorausfahrenden Güterzug Hamm – Köln auf bzw. blockiert dessen Abfahrt (Köln-Kalk Nord an Minute 03 / ab Minute 52).
Die Hohenzollernbrücke, die bei der Ausfahrt passiert werden muss, ist bereits durch zahlreiche andere Züge im Abstand von 5 und 6 Minuten belegt, sodass in deren optimierten Fahrplan eingegriffen werden muss, um die von Breimeier angegebene ideale Abfahrtszeit (Ankunft Minute 58, Abfahrt Minute 02) zu realisieren. Diese genaue Ankunft / Abfahrt ist bereits durch den Rhein-Ruhr-Express nach Düsseldorf – Bielefeld belegt.
Link zum Zielfahrplan NRW-Takt 2040
Intercity für Ostwestfalen infrage gestellt
Der Deutschlandtakt sieht den Erhalt der Intercity-Verbindung Köln – Dortmund – Magdeburg – Leipzig vor. Diese Verbindung ist in den vorgenannten Halbstundentakt Köln – Hagen eingepasst und auf eine Korrespondenz in Dortmund mit der Linie Dortmund – Hamburg abgestimmt. Im weiteren Verlauf ist die Linie mit einer längeren Haltezeit in Herford so eingepasst, dass der Knoten zur halben Stunde mit einem Rundum-Anschluss bedient wird. Dabei ist vorausgesetzt, dass dieser Verbindung zwischen Bielefeld und Stadthagen durch einen ICE nicht gestört wird, da dieser auf eine Neubaustrecke übergegangen sein soll. Wenn der Hochgeschwindigkeitsverkehr aber auf der Bestandsstrecke bleibt, wie Breimeier dies vorschlägt, muss dessen Durchfahrt abgewartet werden, mit der Folge, dass der Fahrplan neu berechnet werden muss. Diesen Fahrplan hat Breimeier nicht berechnet. Das Gleiche gilt für die Verbindungen Amsterdam – Berlin.
S-Bahn und Regionalverkehr in Ostwestfalen-Lippe infrage gestellt
Daneben geht Breimeier davon aus, dass die heutigen Personengleise zwischen Bielefeld und Minden mit 220 km/h befahren werden. Dies erfordert, die Bahnsteige am durchgehenden Gleis in Herford, Löhne, Bad Oeynhausen und Porta für den Personenverkehr unbenutzbar zu machen. Unter diesen Bedingungen kann das vorgesehene Verkehrsangebot für Bad Oeynhausen und Porta gar nicht oder nur noch mit sehr teuren Umbauten möglich gemacht werden und in Herford und Löhne nur noch sehr eingeschränkt. Die entsprechenden Zugfahrten können aufgrund der vorgesehenen S-Bahn Ostwestfalen Lippe nicht auf die sogenannten Gütergleise verlagert werden. Das Konzept von Breimeier ist mit dem NRW-Takt 2040 nicht abgeglichen.
Verlegung Bahnhof Minden
Breimeier schlägt vor, den Personenbahnhof Minden um etwa 1000 m nach Süden zu verlegen, um einen Radius im Mindener Bogen für eine Kurvengeschwindigkeit zu erreichen, die seinen Fahrzeitansprüchen gerecht werden. Dann läge der Bahnhof noch 1 km weiter südlich am Rande der Bebauung von Minden und wäre damit noch weiter vom Stadtzentrum entfernt als bisher. Eine solche Idee ist städtebaulich nicht vertretbar.
Trasse und Bahnhof nach Breimeier. Zum Vergrößern klicken.
Trassen: Leichtfertige Vorschläge
Detailliert soll zu den Trassenvorschlägen östlich von Minden nicht Stellung genommen werden. Wenige Blicke in die Geodaten, die die Deutsche Bahn veröffentlicht hat, zeigen, dass der Vorschlag einer Trasse entlang des Mittellandkanals oder entlang der Bestandsstrecke sowie eine Ausfädelung in Lohnde aus guten Gründen von den Planern der Deutschen Bahn nicht verfolgt werden.
Mittellandkanal-Trasse nach Vorschlag Breimeier. Zum Vergrößern klicken.
Die eingefährbten Flächen sind Raumwiderstände der höchsten Klasse (Klasse 5) und dürfen nur im Notfall tangiert werden. Quelle: Geodaten der DB.
Angaben zu den Fahrzeiten
Breimeier gibt an, dass die Fahrzeit Bielefeld – Hannover mit 31 Minuten mit Neigetechnik auf dem Weg über Minden erreichbar sei. Diesen Wert erzielt Breimeier überhaupt nur, indem er das Talgo-Fahrzeug zugrunde legt, das aufgrund geringerer Masse eine höhere Beschleunigung hat. Für einen ICE3 mit Neigetechnik betrage die Fahrzeit 34 Minuten für die 107,9 km lange Strecke.
Schüßler Plan hat die Fahrzeit über eine Neubaustrecke mit 31 Minuten bei einer 99 km langen Strecke und 300 km/h Höchstgeschwindigkeit ohne Geschwindigkeitseinbrüche angegeben. Die 3 Minuten Differenz zu Breimeier sind nicht nachvollziehbar: Der Geschwindigkeitsverlust Bielefeld – Minden beträgt bei 220 km/h 3 Minuten, für die 9 km längere Strecke werden weitere 2 Minuten benötigt. Nimmt man hinzu, dass im Mindener Bogen nicht so schnell gefahren werden kann, wie Breimeier annimmt, und dass zwischen Bielefeld und Minden nur 200 km/h zulässig sein werden, so ist eine weitere Minute hinzuzurechnen.
Diese Zahlen lassen den Schluss zu, dass die Rechnung von Breimeier wesentlich weniger Zeitreserven enthält als die für die Neubaustrecke erstellten Rechnungen.
Bauzeit
Keinerlei Informationen gibt Breimeier über die zu erwartende Bauzeit. Erhebliche Eingriffe in den Bestand insbesondere im Raum Minden und Herford werden massive Eingriffe in die Leistungsfähigkeit während der Bauzeit zur Folge haben. Als Umleitung steht nur die abschnittsweise überlastete Strecke über Paderborn und Altenbeken zur Verfügung, der Zeitverlust im ICE-Verkehr beträgt 1 Stunde, Bielefeld (300.000 Einwohner) wird dann ganz vom Fernverkehr abgehängt. Der Verkehr Amsterdam – Berlin muss mit 2 Stunden Zeitverlust über Bremen umgeleitet werden. Der Unterschied in der Fertigstellung einer Neubaustrecke und einem Ausbau im Bestand ist mit 20 Jahren realistisch zu benennen.
Die Denkweise: Breimeier kontra Deutschlandtakt
Der Denkansatz von Breimeier liegt in dem fahrplantechnischen Ziel, die Fahrzeit zwischen Köln und Hannover auf eine „Schaufensterfahrzeit“ von unter 2 Stunden zu optimieren. Dieser Ansatz sieht auf den ersten Blick so aus, als werde man damit dem Deutschlandtakt gerecht. Das Gegenteil ist der Fall: Großknoten wie Köln sind keine integralen Taktknoten zur vollen und halben Stunde und erfordern nur optimierte Richtungsanschlüsse in den wichtigsten Umsteigebeziehungen.
Dem Ziel, Köln – Hannover in 2 Stunden anzubieten, ordnet Breimeier alle anderen Aspekte unter und vernachlässigt dabei die Betrachtung des Regionalverkehrs und seiner Abhängigkeiten auf der Mischverkehrsstrecke Köln – Hamm genauso wie auf der Bestandsstrecke Bielefeld – Minden, die nicht den Hochgeschwindigkeitszügen vorbehalten bleiben kann. Es handelt sich um den Denkansatz, der noch bis vor wenigen Jahren die Planung von Neubaustrecken und Beschleunigungen im Netz beherrschte.
„Schaufensterfahrzeiten“gab es auch für Köln – Frankfurt (1 Stunde) und Hannover – Würzburg. Die Praxis hat gezeigt, dass diese Fahrzeiten bis heute nicht erreicht wird. Eine konkrete Fahrzeitberechnung, wie sie für den Deutschlandtakt heute möglich ist, gab es damals nicht, sie ist erst mit den heutigen EDV-Möglichkeiten zu leisten.
Der Deutschlandtakt vermeidet diesen Fehler und optimiert den Fahrplan als Ganzes. Dabei werden funktionierende Strukturen erhalten und Investitionen dort konzentriert, wo die meisten Fahrgäste unterwegs sind, während Investitionsmittel an anderen Stellen nicht eingesetzt werden, wenn der Fahrplan ist nicht verlangt. Diese Gesamt-Optimierung ist in vielen Fällen, wie für Hamburg – Hannover – Köln ein Kompromiss, für andere Relationen aber kompromisslos folgerichtig.
Kapazität und Signaltechnik
Die Nutzung besserer Signaltechnik (ECTS) erhöht die Streckenkapazität vielleicht um 10 %.
Dies wird aber nur wirksam, wenn keine anderen Restriktionen der Kapazität
vorhanden sind, die stärker wirken. Diese Restriktion besteht aber im Bahnhof Wunstorf, in
dem die Strecken von Bremen und Bielefeld nach Hannover ebenerdig zusammengeführt
werden. Wie jede mit einer Ampel gesteuerte Straßenkreuzung hat die Einfädelung durch
abwechselnde Sperrzeiten für eine Richtung nur eine Kapazität von weniger als 50 % der
maximalen Streckenkapazität. Neigetechnik kann diese Restriktion nicht beseitigen, ECTS
kann allenfalls die Zeitspanne minimieren, in der beide Strecken gesperrt sind (das
entspricht der Verkürzung der Gelbphase einer Ampel einer Straßenkreuzung).